Microsoft legt weiter zu

Der Softwarekonzern kann angesichts stark gestiegener Umsätze mit Server-Software und wieder anziehender Nachfrage bei Desktop-Systemen die eigenen Erwartungen und die Prognosen der Analysten übertreffen, ist aber erneut vorsichtig bei den Aussichten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 235 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Wie immer nach den ständig besser werdenden Bilanzzahlen der vergangenen Quartale erwarteten die Beobachter viel von Microsoft -- auch wenn der Gewinn gegenüber dem Vorjahresquartal nach den Prognosen lediglich gleich bleiben sollte. Der Umsatz sollte immerhin um 9,5 Prozent auf 8,99 Milliarden US-Dollar steigen. Wie es mittlerweile fast schon zur Gewohnheit geworden ist, übertraf Microsoft sowohl die eigenen Prognosen als auch die Erwartungen der Börse: Der Umsatz kletterte auf 9,189 Milliarden US-Dollar, der Gewinn von 2,61 auf 2,90 Milliarden US-Dollar. Pro Aktie stieg der Gewinn von 24 US-Cent auf 27 US-Cent.

Microsoft-Finanzchef John Connors ist sich sicher, dass der Konzern auch weiterhin die Einkünfte stärker als die Kosten steigern könne: "Wir hatten einen starken Beginn für ein Jahr, von dem wir uns Gutes erwarten mit weiterem Wachstum im Firmen- ebenso wie im Endkundengeschäft." Die Zuwächse seien vor allem auf wieder gestiegene Nachfrage nach Desktop-Systemen und nach Server-Software zurückzuführen.

Im Bereich Server and Tools (unter anderem Windows Server 2003, Visual Studio, Exchange, SQL Server) konnte Microsoft beim Umsatz von 1,88 auf 2,235 Milliarden US-Dollar zulegen, der operative Gewinn dieser Sparte kletterte gar von 381 auf 701 Millionen US-Dollar. Die Client-Sparte (alle Windows-Betriebssysteme) wuchs beim Umsatz leicht von 2,81 auf 2,99 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn stieg von 2,25 auf 2,39 Milliarden US-Dollar. Die Sparte Information Worker (unter anderem zuständig für das Office-Paket) erreichte eine Umsatzsteigerung von 2,25 auf 2,56 Milliarden US-Dollar und eine Gewinnsteigerung von 1,6 auf 1,89 Milliarden US-Dollar.

Im hart umkämpften Bereich der Business-Software, in dem Microsoft mit seinen über Great Plains und Navision zugekauften Angeboten bislang ein eher kleiner Mitspieler ist, machte man weiter Boden gut: Der Umsatz stieg von 147 auf 160 Millionen US-Dollar; Verluste konnten die Redmonder hier immer noch nicht vermeiden, sie aber immerhin von 68 auf 41 Millionen US-Dollar reduzieren. Auch der Bereich Home and Entertainment, zuständig unter anderem für die Xbox und die PC-Spiele, reduzierte die Verluste, und zwar von 273 auf 142 Millionen US-Dollar, der Umsatz kletterte von 581 auf 632 Millionen US-Dollar. Laut Connors ist das vor allem auf steigenden Absatz bei Microsofts Spielkonsole Xbox zurückzuführen; man habe nunmehr in den USA zwei Monate in Folge mehr Konsolen verkauft als Sony in der gleichen Zeit von seiner Playstation 2 absetzen konnte, gab sich Connors vom Erfolg der Xbox überzeugt.

Besonders erfreut zeigte sich Microsofts Finanzchef zudem, dass die Online-Sparte MSN nicht nur erneut profitabel arbeitete, sondern den operativen Gewinn noch ausbauen konnte: von 57 auf 77 Millionen US-Dollar; der Umsatz kletterte hier von 491 auf 540 Millionen US-Dollar. Auf niedrigem Niveau operiert Microsoft weiterhin mit seinem Geschäft bei Handys und PDAs: Eine Umsatzsteigerung von 53 auf 69 Millionen US-Dollar ging einher mit einer Reduzierung des Verlusts dieser Sparte von 34 auf 20 Millionen US-Dollar.

Der Bereich der Firmenkunden, ein wichtiger Hinweis auf künftige Geschäfte, wurde in diesem Quartal besonders aufmerksam beobachtet: Liefen doch zu Beginn des Quartals viele der Firmenverträge mit zweijähriger Laufzeit aus, die zu Beginn der Umstellung des Lizenzmodells für Abonnements im Rahmen der Upgrade Advantage abgeschlossen wurden. Noch im Januar dieses Jahres meinte Connors, durch das Auslaufen des Programms entstehe im Geschäftsjahr 2005 ein zu füllendes Umsatz-Loch von 1,1 Milliarden US-Dollar. Der deferred revenue (bei Microsoft als unearned revenue geführt und im deutschen Rechnungswesen passiver Rechnungsabgrenzungsposten genannt) ist nun ein Anzeichen dafür, wie viele der Kunden doch zur Erneuerung der langfristigen Verträge bewegt werden konnten. Als deferred revenue bezeichnet man Umsätze vor allem mit Firmenkunden, die bei Service-Verträgen, die über mehrere Jahre gelten, oder beispielsweise länger laufende Lizenz-Abschlüssen, zwar schon gemacht wurden, auf Grund der langen Laufzeit der Verträge aber erst über die eigentliche Zeitspanne der Vereinbarungen hinweg realisiert und verbucht werden. Der deferred revenue, den Microsoft als Umsatz in der Bilanz verbuchen konnte, lag im erstem Quartal des Geschäftsjahrs 2005 bei 2,599 Milliarden US-Dollar gegenüber 2,214 Milliarden US-Dollar im Vorjahresquartal und 3,996 Milliarden US-Dollar im Vorquartal. Der Bestand an später zu verbuchendem deferred revenue sank allerdings stärker als erwartet ab, und zwar von 8,177 Millliarden US-Dollar zum Ende Juni 2004 auf 7,781 Milliarden US-Dollar zum Ende September 2004. Microsoft mache sich darüber aber noch keine Sorgen, hieß es in Redmond, da lediglich einige Firmenkunden etwas länger brauchten, ihre Verträge zu erneuern: Zum Ende des Geschäftsjahrs soll der deferred revenue wieder einen Bestand von 8,6 Milliarden US-Dollar erreichen.

Für das laufende Quartal erwartet Microsoft nun wieder einmal Umsätze, die unter den Prognosen der Börse liegen: 10,3 bis 10,5 Milliarden sollen es werden, der Gewinn soll bei 28 Cents pro Aktie liegen. Für das Gesamtjahr allerdings hob der Konzern die Erwartungen an: Statt wie bislang 38,4 bis 38,8 Milliarden US-Dollar Umsatz prognostiziert Microsoft nunmehr 38,9 bis 39,2 Milliarden US-Dollar. Auch die Gewinnerwartung korrigierte man nach oben: von 1,05 bis 1,08 US-Dollar pro Aktie auf 1,07 bis 1,09 US-Dollar pro Aktie. Offensichtlich aber trafen die reduzierten Erwartungen für das laufenden Quartal einen empfindlichen Nerv bei den Investoren: Zu Beginn des nachbörslichen Handels fielen die Aktien von Microsoft kurz nach Vorlage der Bilanzzahlen gleich einmal um über 2 Prozent.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.*
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.*)
2.530 Mio **
* Gewinne unter Bilanzierung des neuen Aktienprogramms für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell