Zahlen, bitte! ARPA-Botschaft in 55 Kilobit/s: Start der Satellitenkommunikation
Der 1960 gestartete Courier 1B war der erste Kommunikationssatellit mit Solarzellen und Relaisstation. Neben viel Technik beinhaltete er auch eine Botschaft.
Am 4. Oktober 1960 transportierte eine Thor-Rakete den ersten US-amerikanischen Kommunikations-Satelliten Courier 1B in eine Umlaufbahn. Die 225 Kilogramm schwere Kugel, die mit 19200 Solarzellen und Nickel-Cadmium-Batterien bestückt war, kommunizierte 17 Tage lang mit den beiden Bodenstationen Camp Evans (New Jersey) und Camp Salinas (Puerto Rico). Courier 1B gilt als erster moderner Kommunikations-Satellit: Er funktionierte dabei erstmals sowohl als Relais für die direkte Kommunikation zwischen den Stationen wie als Zwischenspeicher nach dem Teilstreckenverfahren: vier digitale Minirecorder konnten jeweils 4 Minuten bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 55.000 Bit je Sekunde oder 55 kbit/s aufzeichnen und abspielen. Das entsprach einer maximalen Kapazität von 13,2 Megabit (1,65 MByte) pro Recorder.
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Übertragen wurden verschlüsselte Gespräche und Daten. Unter anderem gelang eine Fax-Übertragung. Ein weiterer analoger Minirekorder mit 4 Minuten Kapazität sendete nach dem ersten Umlauf eine Grußadresse des Präsidenten Dwight Eisenhower an die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York.
ARPA-Labor als Reaktion auf Sputnik-Schock
Courier 1B – der mit seiner markanten Kugelform manch Star-Wars-begeisterten Betrachter an einen imperialen Verhördroiden erinnert – war eines der erfolgreichsten Satellitenprojekte der militärischen Forschungsbehörde ARPA (ab 1972: DARPA). Während die ARPA (allgemein mit der Entwicklung des Internets zusammengebracht wird, ist es etwas in Vergessenheit geraten, dass die Behörde zahlreiche Satellitenprojekte auf den Weg brachte. Sie ging dabei sehr agil vor: Fachleute der ARPA skizzierten die Anforderungen, dann wurden verschiedene Unternehmen beauftragt, die Komponenten zu entwickeln. für die Satellitenprojekte war das Signal Research and Development Laboratory (SRDL) der ARPA verantwortlich, das im Fort Monmouth untergebracht war. Das Labor entstand direkt nach dem Sputnik-Schock.
Courier 1A war ein Fehlstart: Die Rakete explodierte am 18. August 1960 zweieinhalb Minuten nach dem Start. Das vom SRDL entwickelte Courier-Programm hatte einen Vorgänger, SCORE genannt. Dieses "Signal Communications by Orbiting Relay Equipment" war fest in eine Atlas-Rakete eingebaut, die am 18. Dezember 1958 gestartet wurde. Das Kommunikationsmodul wurde von einer Batterie betrieben, die 13 Tage lang funktionierte und eine Rede von Präsident Eisenhower sendete, eine Art Weihnachtsbotschaft, in der er den Wunsch nach Frieden auf der ganzen Erde bekräftigte. Das relativ schwache Signal konnte nur von Amateurfunkern mit leistungsstarken Empfängern und den professionellen Lauschern anderer Staaten mitgehört (und gestört) werden -- die Rede Eisenhowers wurde später von Presseagenturen weltweit verbreitet.
(Bild:Â USGov-Military-Army)
Die Solarzellen versorgten die Sender in der Kugel mit 60 W Leistung, vier Antennen sorgten für den optimalen Empfang im Bereich 1800-1900 MHz und das Versenden im Bereich von 1700-1800 MHz. Anders als bei SCORE war das Signal verschlüsselt und kam bei gleichzeitigem Senden, Empfangen und Speichern auf eine Leistung von 55 kbit/s. Nach 228 Umlaufbahnen bzw. 17 Tagen reagierte Courier 1B freilich nicht mehr auf Befehle von den Bodenstationen, die er offenbar als nicht autorisierte Kommunikation ablehnte. Insgesamt soll Courier IB als Relais das Äquivalent von 50 Millionen Fernschreib-Worten übertragen haben. Zwar wurde Courier 1C zwar produziert, aber nicht ins All geschickt – Stattdessen wurde er von Telstar abgelöst.
Spionagesatelliten oberhalb jeglicher Flugabwehr
Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges war die Entwicklung von Satelliten noch in anderer Sicht von Bedeutung. Im Mai 1960 hatte es die Sowjetunion schließlich geschafft, eines der U2-Flugzeuge abzuschießen, die in 20.000 Metern Höhe das Land überflogen. Der Pilot Gary Powers konnte sich mit dem Fallschirm retten, wurde aber gefangen genommen und in aller Öffentlichkeit präsentiert. Präsident Eisenhower untersagte daraufhin die U2-Überflüge, die er einzeln genehmigen musste.
Doch gemeinsam mit der CIA hatte die ARPA begonnen, mit dem Projekt Corona eine Serie von Satelliten zu entwickeln, die beim Überflug in großer Höhe die Sowjetunion fotografierten und die belichteten Filmrollen nach dem Überflug an Fallschirmen abwarfen. Die Fotos wurden später bei den SALT-Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion genutzt. Die Zusammenarbeit von CIA und ARPA war streng geheim und wurde erst 1995 unter Präsident Bill Clinton öffentlich gemacht.
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Ganz anders war das beim ARPA-Project Vela, das von Anfang an auf die öffentliche Präsentation ausgelegt war, wenngleich etliche technische Details weggelassen wurden. Vela (spanisch für Wächter) sollte nämlich die gesamte Erde überwachen und melden, wenn ein Land Atomwaffen testet. Im Weltraum suchten Vela Hotel-Satelliten nach verdächtiger Strahlung, während Vela Sierra am Boden und Vela Uniform nach seismischen Aktivitäten suchten, die nach einer Atombombenexplosion den Planeten erschüttern. Insgesamt 12 Vela Hotel Satelliten wurden von TRW im Auftrag der ARPA gebaut und beobachteten 26 Jahre lang die Erde aus einer Höhe von 118.000 Kilometern.
Am 22. September 1979 registrierten Vela-Satelliten einen Lichtblitz im Indischen Ozean, der vermutlich auf einen Atomwaffentest von Südafrika oder Israel hindeutete. Vela machte es jedenfalls möglich, dass 1963 der von den USA, Großbritannien und der Sowjetunion geschlossene Limited Test Ban Treaty (LTBT) in Kraft treten konnte. (Auf Deutsch: "Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser").
Angaben zur Aufzeichnungskapazität korrigiert: Richtig sind 13,2 Megabit, nicht Megabyte pro Rekorder.
(mawi)