Berechnungsmethode für österreichische Entbündelungspreise in der Kritik

Die von der österreichischen Regulierungsbehörde angewandte Methode zu Berechnung der Miete für entbündelte Teilnehmeranschlussleitungen sei unwissenschaftlich und betriebswirtschaftlich inkorrekt, meinen Gutachter.

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Die von der österreichischen Regulierungsbehörde angewandte Methode zu Berechnung der Miete für entbündelte Teilnehmeranschlussleitungen sei unwissenschaftlich und betriebswirtschaftlich inkorrekt, meint Adolf Stepan von der Technischen Universität Wien. Im Auftrag von Tele2 hat er gemeinsam mit Leopold Sögner ein Gutachten über die Kostenrechnungsmethode erstellt. Die Ergebnisse wurden vom Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT) und der Internet Service Provider Association Austria (ISPA) in Wien präsentiert. Die beiden Verbände fordern eine deutliche Senkung der Entbündelungskosten von derzeit 10,90 auf 6,71 Euro netto je Monat. Die Regulierungsbehörde wollte sich nicht zu den Kritikpunkten äußern.

"Die gegenwärtige Rechnung in Form einer statischen Zuschlagskalkulation entspricht methodisch nicht dem Stand der Technik der Betriebswirtschaftslehre", erklärte Stepan. "Seit 30 Jahren wäre bei mir niemand durchgekommen, der bei einer Prüfung so gerechnet hätte. Der Zeitwert des Geldes wird nicht korrekt berücksichtigt." Konkret würde das zeitliche Anfallen von Zahlungen nicht richtig erfasst und folglich Zins und Zinseszins falsch berechnet. Auch Inflation und Produktivitätssteigerungen würden nicht adäquat erfasst. Bereits seit dem 19. Jahrhundert würde die dynamische Barwert- und Annuitätenmethode zur Berechnung von Mietpreisen herangezogen. Sie bei der Festsetzung der Entbündelungsmiete nicht anzuwenden sei sachlich nicht rechtfertigbar.

In seinem Gutachten habe er die von der Regulierungsbehörde angenommenen Zahlen und Werte -- wie etwa einen Kapitalzinssatz (WACC) von 10,37 Prozent und eine Nutzungsdauer von 27,95 Jahren -- unverändert übernommen und lediglich den Rechenweg modernisiert. Demnach ergibt sich ein Preis zwischen 6,30 bis 7,20 Euro netto (je nach Inflation und Produktivitätszuwachs) -- gegenüber den verordneten 10,90 Euro netto. Stepan, hält noch niedrigere Entgelte für möglich, weil er befürchtet, dass Abschreibungen und Instandhaltungen nebeneinander verrechnet werden und somit bestimmte Kosten doppelt veranschlagt würden.

Tele2-Chef Christian Wieser wies zum wiederholten Mal darauf hin, dass die Rechnung offensichtlich nicht stimmen könne, da der Endkundenpreis (Tik Tak privat) nur 2,42 Euro über dem den Konkurrenten verrechneten Preis liege. Mit diesen 2,42 Euro Backbone-Netz, Marketing, Rechnungslegung, Zahlungsausfälle und Kundendienst zu finanzieren, sei unmöglich. Die Beratung eines Internetkunden durch einen Techniker im Callcenter würde schon in einer Minute so viel kosten. Anders ausgedrückt kassiere die Telekom nach wie vor eine Monopolrente von 145,8 Millionen Euro. Die überhöhte Leitungsmiete verhindere Wettbewerb, weshalb die Telekom von den Konsumenten überhöhte Grundgebühren verlangen könne.

ISPA und VAT fordern daher eine sofortige Senkung der monatlichen Entbündelungsmiete auf 6,71 Euro netto, eine Halbierung der einmaligen Einrichtungskosten sowie ortsübliche Mieten für Raum in den Vermittlungsstellen. Außerdem soll die österreichische Telekom Zugang zu Leerrohren ermöglichen, damit Wählämter überhaupt von alternativen Anbietern erschlossen werden können. Nur die Aussicht auf Wettbewerb ermögliche diesen Investitionen. "Die Entbündelung ist auch die Basis für einen erfolgreichen Breitband-Ausbau. Die Rede ist immer nur von den 'weißen Flecken', jenen 20 Prozent, die noch kein Breitband-Angebot bekommen", sagte ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger, "Und hier etwas zu tun ist wichtig. Aber von jenen 80 Prozent, die Breitband nutzen könnten, tun es drei Viertel nicht, weil die Angebote mangels Wettbewerb nicht attraktiv sind. Dort liegt das eigentliche Potenzial für den Breitband-Aufschwung."

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(Daniel AJ Sokolov) / (jk)