E-Mail-Provider klagen in Karlsruhe gegen Überwachungsmaßnahmen

Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Telekommunikationsgesetz will mehr Datenschutz für Bürger und für Unternehmen eine Kostenerstattung für Überwachungsmaßnahmen erreichen.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG) will mehr Datenschutz für Bürger und für Unternehmen eine Kostenerstattung für Überwachungsmaßnahmen erreichen. Vor zwei Tagen reichte der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik im Namen von vier E-Mail-Providern sowie von zwei Privatpersonen die Beschwerde ein. Die Beschwerde greift die Pflicht zur Angabe persönlicher Daten bei der Anmeldung eines Telefonanschlusses an sowie das Recht von Telekommunikationsunternehmen, Daten über ihre Kunden und deren Telekommunikation über die erforderliche Dauer hinaus zur "Missbrauchsbekämpfung" und Störungsbeseitigung speichern zu dürfen. Die staatlichen Zugriffsrechte auf persönliche Daten von Telekommunikationsnutzern seien zu weitgehend.

Die Internet-Unternehmen wehren sich außerdem gegen die in der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) konkretisierte Auflage, Überwachungsschnittstellen ohne Entschädigung auf eigene Kosten vorhalten müssen, obwohl sie bislang nur ein bis zwei Mal im Jahr Anfragen der Sicherheitsbehörden erhalten haben. Dabei geht es den Unternehmen nicht um eine Entschädigung für die Durchführung der Maßnahmen selbst. Die hierfür im TKG-Änderungsgesetz ursprünglich vorgesehenen Entschädigungsregelungen waren kurz vor der Verabschiedung Mitte Juni wieder aus dem Entwurf gestrichen worden.

Die beteiligten Privatpersonen halten es für "grob unverhältnismäßig", persönliche Daten der gesamten Bevölkerung auf Vorrat zu speichern, nur weil ein Bruchteil dieser Daten einmal nützlich sein könnte. Eine systematische Speicherung von Bestands- und Verkehrsdaten sei äußerst eingriffsintensiv, heißt es in der Beschwerde, weil sie es ermöglicht, das Telekommunikationsverhalten, insbesondere bei Mobiltelefonen auch die Bewegungen von Bürgern jederzeit nachzuvollziehen. Dies beeinträchtige eine unbefangene Mitwirkung der Bürger an der demokratischen Willensbildung.

In Österreich hatte bereits 2003 eine Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Erfolg. Das Gericht war den klagenden Telekommunikationsunternehmen in der Auffassung gefolgt, dass die Strafverfolgung grundsätzlich eine Sache des Bundes sei und von diesem auch finanziert werden müsse. Obgleich in Deutschland die Rechtslage ähnlich ist, hatten bislang weder Internet-, noch Telekommunikationsverbände den Schritt nach Karlsruhe gewagt.

Der Jurist Patrick Breyer, der die deutsche Verfassungsbeschwerde initiiert hat, kündigte an, auch gegen die derzeit auf EU-Ebene vorbereitete Vorratsspeicherung von Kommunikations- und Bewegungsdaten vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)