Zahlen, bitte! Jupitermond Europa: Spannender Kandidat auf der Suche nach Leben
Durch einen riesigen Ozean ist Jupitermond Europa ein spannendes Ziel der Forschung auf der Suche nach Leben. Mehr Erkenntnisse sollen zwei Raumsonden bringen.
(Bild: Heise Medien)
Von Jupiter sind derzeit insgesamt 97 Monde bekannt – aber keiner der zahlreichen Begleiter regt die Fantasie der Wissenschaftler so an wie Europa. Das liegt an seinen besonderen Eigenschaften: Die –160 Grad Celsius kalte Eisdecke wirkt auf dem ersten Blick nicht sonderlich gemütlich, aber verbirgt womöglich einen riesigen Ozean, in dem sich die Forscher Leben erhoffen. Sowohl NASA- als auch ESA-Sonden sind auf dem Weg, um dem Mond weitere Geheimnisse zu entlocken.
Bemerkenswert ist schon sein Äußeres. Mit einem Durchmesser 3121 Kilometer ist Europa nur etwas kleiner als der Erdmond (3475 Kilometer) und damit der sechstgrößte Mond im Sonnensystem. Entdeckt wurde er offiziell um den 7. Januar 1610 von Galileo Galilei zusammen mit den Jupitermonden Io, Ganymed und Kallisto, die daher später als die "galileischen Monde" bekannt wurden.
Im gleichen Zeitraum entdeckte unabhängig davon der deutsche Astronom Simon Marius die vier Monde und behauptete später, sie bereits 1609 beobachtet zu haben. Da er aber den alten julianischen Kalender verwendete und Galilei bereits den modernen gregorianischen Kalender, kam heraus, dass Marius die Monde am 8. Januar 1610 entdeckte. Immerhin blieb Marius Namensgeber der Monde. Europas Name entstammt der griechischen Mythologie und bezeichnet die Tochter des phönizischen Königs Agenor und eine Geliebte des Zeus, der in der römischen Religion Jupiter genannt wurde.
Erste Bilder durch die Voyager-Missionen
Als Voyager I sowie Voyager II in ihrer "Grand Tour" im März und April 1979 an Jupiter vorbeiflogen, schickten sie auch erste detailreiche Aufnahmen von Europa zur Erde. Die waren verblüffend: Mit einem Albedo von 0,68, also einer Reflexion von 68 Prozent des auftreffenden Sonnenlichts, gehört Europa zu einem der hellsten Monde des Sonnensystems. Dabei ist der Eispanzer ziemlich kalt: Mit bis zu –130 Grad Celsius ist das Eis teilweise hart wie Granit.
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Auch ist die Oberfläche im Vergleich zu anderen Himmelskörpern eine Besonderheit: Die Eisfläche ist nur von wenigen Einschlagskratern durchsetzt. Das weist darauf hin, dass die geologische Aktivität die Oberflächenbeschaffenheit ändert. Außerdem wurde in Aufnahmen Eisvulkanismus entdeckt, bei dem an austretenden Geysiren Wasserdampf bis zu 200 Kilometern hochsteigt und dann wahrscheinlich gefriert und als Eispartikel auf die Oberfläche schneit.
(Bild:Â CWitte)
Die Oberfläche ist durchzogen von vielen Furchen (genannt: Linae) und Erhebungen. Ursache dafür sind die Einwirkungen der starken Gezeitenkräfte durch Jupiter und den Resonanzkräften der anderen Monden Io und Ganymed, die den Mond stark beeinflussen, sodass sich die Kruste bei den Umläufen bis zu 60 Metern hebt. Besonders zerklüftete Gebiete wie die Conamara-Chaos-Region werden von den Forschenden "Chaos-Terrains" genannt.
Jupiterumrundung in 3.5 Tagen
Der gravitative Einfluss von Jupiter sorgt auch dafĂĽr, dass Europa, wie die anderen inneren Monde, eine gebundene Rotation besitzt und dem Riesenplaneten beim Umlauf damit stets die gleiche Seite zuwendet. Flott unterwegs ist er auch: Eine Umrundung um Jupiter in einem mittleren Abstand von 671.100 Kilometern dauert 3 Tage, 13 Stunden und 14 Minuten. Zum Vergleich: 384.400 Kilometer ist die mittlere Entfernung vom Mond zur Erde.
(Bild:Â NASA / Jet Propulsion Laboratory / University of Arizona)
Mit den Messungen durch die Galileo-Raumsonde um die Jahrtausendwende wurde Europa zum interessanten Kandidaten für Leben: Die Daten lieferten Hinweise auf einen riesigen Ozean unter der Eiskruste von Europa. Es wird vermutet, dass sich auf Europa mehr flüssiges Wasser befindet als in allen Weltmeeren zusammen. Unter der Oberfläche befinden sich mutmaßlich ein Silikatmantel und ein Eisenkern, der ein Magnetfeld erzeugt. Zudem wird angenommen, dass das Wasser durch Gezeitenkräfte, vulkanische Aktivitäten und einen hohen Salzgehalt flüssig gehalten wird. Die Eishülle soll bis zu 18 Kilometer dick sein und einen Ozean von bis zu 100 Kilometern Tiefe überdecken.
Die Forschung hofft in dem Ozean ähnliche Formen von Leben zu finden, wie sie in der Erde in der Tiefsee an hydrothermalen Quellen (wie Schwarze Raucher) zu sehen sind. Es gibt zudem Hinweise, dass der Europa-Ozean noch länger existiert als die der Erde. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen und Europa näher zu erforschen sind zwei Raumsonden auf dem Weg dahin: "JUICE" (Jupiter Icy Moons Explorer; deutsch Jupiter-Eismonde-Erkunder) der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, die seit dem 14. April 2023 auf dem Weg ist, sowie "Europa Clipper" der NASA, die am 14. Oktober 2024 ins All startete.
Während JUICE neben Europa auch Ganymed sowie Kallisto erforschen soll, ist beim Europa Clipper der Jupitermond allein das Hauptziel. Bei der zweiten Mission sind mindestens 49 Vorbeiflüge aus einer Entfernung von 2700 Kilometern bis auf 49 Kilometer geplant. Das DLR erklärte, dass sich Europa Clipper und JUICE ideal ergänzen und die DLR an zwei der 10 Europa Clipper Experimente beteiligt sei. Ab 2030 sollen beide rund 6 Tonnen schweren Raumsonden über mehrere Jahre Europa erforschen.
Unter anderem will man Daten für mögliche Nachfolgemissionen sammeln, die auch in den Ozeanen vordringen wollen, was angesichts der extremen Bedingungen eine Herausforderung werden dürfte. In fünf Jahren weiß man mehr.
(mawi)