Smart Home: Matter 1.5 kann Kameras und bewässert Beete

Der Smart-Home-Standard Matter bietet erstmals Steuerbefehle für WLAN-Überwachungskameras, für Gießsysteme und für dynamische Stromtarife.

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Das Kameramodell TP-Link Tapo C260.

Das Kameramodell TP-Link Tapo C260, hier auf der IFA 2025, könnte eines der ersten sein, das Matter unterstützt.

(Bild: Berti Kolbow-Lehradt)

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  • Berti Kolbow-Lehradt
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Das Kommunikationsprotokoll Matter versteht ab sofort Befehlssätze für vernetzte Sicherheitskameras. Diese sind Teil der neuen Spezifikationen der Matter-Version 1.5, die die zuständige Zertifizierungsorganisation Connectivity Standards Alliance (CSA) am heutigen Donnerstag veröffentlicht hat. Damit lassen sich WLAN-Kameras künftig ohne ein vorheriges Set-up in der Hersteller-App mittels übergeordneter Matter-Steuerplattformen wie denen von Amazon, Apple, Google, Samsung oder Home Assistant einrichten und bedienen.

Zum Matter-Repertoire gehören künftig zudem Bodensensoren und Computerventile, die beim automatisierten Gießen von Pflanzen helfen. Darüber hinaus ergänzt die CSA Bedienfunktionen für die motorisierte Fensterverdunklung und erleichtert das Energiemanagement mit dynamischen Stromtarifen.

Die neuen Spezifikationen stehen nun für Entwicklungsteams zum Download bereit. Wann welche Hersteller alte oder neue Geräte damit ausstatten, teilte die CSA wie gewohnt nicht mit.

Bekannt sind aber konkrete Pläne von Hersteller TP-Link. Er will seine bereits erschienenen Modelle Tapo C260 und Tapo C560WS entsprechende Matter-Fähigkeiten beibringen. Das hat das Unternehmen auf der IFA 2025 verkündet und auf jetzige Nachfrage von heise online bekräftigt. "Da die finalen Spezifikationen nun verfügbar sind, werden wir so schnell wie möglich ein Firmware-Update entwickeln und zum Test bei der CSA einreichen. Unser Ziel ist, zu den ersten Herstellern zu gehören, die Matter-Kameras bieten", erklärt Turbo Lin, Produktmanager bei TP-Link Deutschland.

Kameras, in deren Software das Matter-Protokoll in Version 1.5 eingebettet ist, lassen sich von autorisierten Drittanbieter-Apps über einheitliche Befehlssätze anzapfen. Laut der CSA sind für sie praktisch alle gängigen Video-, Audio- und Speicherfunktionen verfügbar.

Demnach lassen sich Bild- und Tonspuren auf Basis der WebRTC-Technik live streamen. Sind Lautsprecher und Mikro in die Kameras eingebaut, kann man auch eine Gegensprechanlage realisieren. Zudem kennt Matter 1.5 Steuerbefehle, um Kameraobjektive zu schwenken, neigen und zu zoomen, sofern sie diese Funktionen beherrschen. Ferner kann man Bereiche eingrenzen, in denen die Kameras ausschließlich oder gar nicht auf Bewegungen achten sollen.

Zeichnen Kameras Clips auf, erlaubt Matter, diese lokal oder in der Cloud zu speichern. Der Zugriff auf die Daten ist sowohl im Heimnetz als auch per Fernzugriff über das Internet möglich. Dafür stecken im Unterbau von Matter 1.5 bewährte IP-basierte Netzwerkprotokolle, etwa STUN (Session Traversal Utilities for NAT) für einen Peer-to-Peer-Kontakt per – womöglich versteckter – öffentlicher IP-Adresse und TURN (Traversal Using Relays around NAT), um nicht fälschlich an einer Firewall abzuprallen. Der Einsatz von TCP (Transmission Control Protocol) soll sicherstellen, dass große Datenmengen nicht die Bandbreite des Heimnetzes überlasten, Matter-Schaltzentralen ausbremsen oder die Akkulaufzeit der Kameras über Gebühr verkürzen.

Damit gehen die Kamera-Talente von Matter über das Erwartete hinaus. Insbesondere integrierte Cloudspeicher-Funktionen galten als unwahrscheinlich, weil dies den kommerziellen Interessen eines Teils der Kamerahersteller zuwiderläuft.

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Bei einigen Anbietern fußt das Geschäftsmodell auf kostenpflichtigen Abo-Modellen, im Zuge derer sie Extra-Funktionen und Speicherplatz ausschließlich über ihre eigenen Hersteller-Apps zugänglich machen. Diese Exklusivität wird verwässert, wenn auch andere Firmen über die Matter-Schnittstelle solche Leistungen für Kameras diverser Herkunft anbieten können. Inwiefern Kameramarken Wege finden, ihre bisherigen Alleinstellungsmerkmale gegen die Konkurrenz abzuschotten, bleibt abzuwarten.

Außer WLAN-Kameras sind künftig erstmals Bodensensoren und smarte Bewässerungsventile über die Matter-Schnittstelle erreichbar. Mit den Sensoren lässt sich prüfen, wie feucht und je nach Modell mitunter auch wie warm der Boden um Pflanzen herum ist. Auf Basis dessen kann man die programmierten Bewässerungszeiten flexibler anpassen, anstatt stumpf nach Uhrzeit zu gießen und dabei das Wurzelwerk womöglich zu viel oder zu wenig zu wässern.

Für die bereits in Matter enthaltenen Steuerung von Jalousien, Rollläden oder Vorhangmotoren liefert die Version 1.5 zusätzliche Befehle. Statt nur "Auf" und "Zu" geht künftig mehr. So lassen sich etwa mehrteilige Schiebepaneele in die gewünschte Teilstellung bewegen oder Jalousiestreben rotieren.

Die bisherigen Fähigkeiten rund um das Energiemanagement erweitert Matter 1.5 um eine Gerätekategorie mit dem sperrigen Namen "Electrical Energy Tariff Device Type". Das klingt zwar nach Hardware, handelt sich aber um einen Behelf, um eine Software-Schnittstelle zu visualisieren. Darüber kann man aktuelle oder prognostizierte Preis-, Verbrauchs- oder Leistungsdaten von Quellen innerhalb und außerhalb des eigenen Netzwerks abzapfen.

Auf diese Weise sollen Daten von Versorgungsunternehmen, Netzbetreibern und Energiedienstleistern, aber auch von intelligenten Zählern oder der eigenen PV-Anlage als Trigger für Schaltautomatiken dienen können. Daraufhin schalten sich gewünschte energiehungrige Matter-Geräte ein oder aus – je nachdem, ob jetzt oder demnächst gerade viel Energie günstig verfügbar ist oder eben nicht.

(emw)