Energiesparen: Low-Tech-Kaffeekochen mit Photovoltaik

Ein Solarpanel, etwas Nichromdraht und viel Dämmmaterial–mehr braucht es nicht, um energiesparend Kaffee mit Sonnenenergie zu brühen, wie ein Projekt zeigt.

vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen
Eine Kaffeekanne

(Bild: Marie Verdeil / Low-Tech Magazine)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es dauert zwar mehr als eine Stunde, aber Kaffee direkt mit elektrischer Sonnenenergie – ganz ohne Batterie oder Elektronik – zu brühen, soll angeblich wunderbar funktionieren. Die energiesparende Methode wird im Artikel "How to Brew Solar-Powered Coffee" im Low-Tech Magazine beschrieben.

Nicht nur Kaffeemaschinen, sondern auch viele andere Haushaltsgeräte wie Wasserkocher oder Öfen sind auf einen hohen Energieeinsatz ausgelegt. Laut dem Low-Tech Magazine benötigt eine handelsübliche 12-Volt-Kaffeemaschine rund 300 Watt, um Kaffee zu brühen, obwohl dies auch mit einem Bruchteil dieser Leistung möglich wäre.

Genau hier setzen Projekte von Low-Tech Magazine, der California Polytechnic State University (Cal Poly) und der Living Energy Farm (LEF) an: Sie wollen zeigen, dass Stromverbrauch kein Naturgesetz ist, sondern eine Frage des Designs. Mit ihren Insulated Solar Electric Cookers (ISEC) beweisen sie, dass sich oft dieselbe Funktion wie in einem herkömmlichen elektrischen Ofen mit einem 100 Watt Solarpanel, geschickter Dämmung und Wärmespeicherung erreichen lässt. Statt immer mehr Leistung in ungedämmte Geräte zu pumpen, entwickeln sie Konzepte, die Energie langsamer, aber effizienter nutzbar machen – ob beim Kochen, Backen oder eben beim Kaffeebrühen.

Die Idee mit den Insulated Solar Electric Cookers (ISEC) stammt aus einem Forschungsansatz, der an der Cal Poly University unter Leitung des Physikers Pete Schwartz entwickelt wurde und von der Living Energy Farm in Virginia praxisnah weitergeführt wird. Ihr Ansatz: Elektrische Kochgeräte, die ihre Energie unmittelbar aus Solarmodulen beziehen – ganz ohne Akkus oder Ladeelektronik. Das senkt die Kosten, steigert die Effizienz und erlaubt eine Konstruktion mit einfach verfügbaren Materialien.

Für den solarbetriebenen Kaffeekocher wurde eine klassische italienische Mokka-Kanne in einen massiven Mörtelblock eingelassen. Darin ist eine Widerstandsheizung aus Nichromdraht eingebettet. Diese ist in Zement verankert und von einer Kork-Isolierung sowie einer Verkleidung aus Keramikfliesen umgeben. Ein 100-Watt-Panel liefert über ein hitzebeständiges Kabel direkt Gleichstrom an das Heizelement. Nach rund 75 Minuten steht der erste Kaffee bereit, danach hilft die gespeicherte Wärme, weitere Brühvorgänge deutlich schneller abzuschließen.

Videos by heise

Die technische Einfachheit hat einen größeren Hintergrund. Projekte wie LEFs DC Microgrid und ISEC-Programme in Jamaika und Ghana zeigen, dass solche Systeme ganze Gemeinschaften versorgen können, etwa in Regionen, in denen das Kochen bislang vor allem mit Holz oder Kohle erfolgt. Weltweit nutzen noch immer rund drei Milliarden Menschen Biomasse zum Kochen, was zu Luftverschmutzung, Abholzung und Gesundheitsproblemen führt. Solar-Elektrokocher bieten hier eine bezahlbare Alternative.

Die Konsequenz, mit der Low Tech Magazine dieses Denken umsetzt, endet nicht beim Kaffeekochen. Sogar die Website selbst läuft auf einem solarbetriebenen Webserver in Barcelona. Laut Hackaday versorgt ein 50-Watt-Panel einen besonders sparsamen Rechner vom Typ Olimex A20 Lime 2, gekoppelt mit einer 12-Volt-Batterie. Der Server nutzt ausschließlich Sonnenstrom, weshalb die Seite bei längeren Schlechtwetterphasen tatsächlich zeitweise nicht erreichbar ist. Diese bewusste Einschränkung gehört zum Konzept, da sie den Energieverbrauch sichtbar macht und zu technischer Genügsamkeit zwingt. Entsprechend wurde die Website so gestaltet, dass sie möglichst wenig Rechenleistung und Datenvolumen benötigt, beispielsweise durch starke Bildkompression und ein statisches Layout. Damit wird sogar die digitale Infrastruktur zum realen Experiment für Energieeffizienz.

Das Kochen mit 100 Watt erfordert allerdings Geduld – und elektrische Energie bleibt elektrische Energie, egal ob sie langsam oder schnell eingesetzt wird. Wer eine 100-Watt-Heizung eineinhalb Stunden lang betreibt, nutzt rechnerisch rund 125 Wh. Das ist etwa doppelt so viel wie bei einer herkömmlichen 300-Watt-Maschine, die den Brühvorgang in zehn Minuten erledigt. Der Effizienzgewinn liegt also nicht in der Energiebilanz selbst, sondern in der Nutzungskette: Die Wärme wird gespeichert und nicht verschwendet. Zudem funktioniert das System ganz ohne Batterie, Netzstrom oder Abwärmeverluste. Low Tech Magazine liefert damit weniger eine endgültige Lösung als eine Einladung, die offene Frage zu stellen: Wie wenig Energie reicht uns wirklich für den Alltag?

(mch)