Red Hat Summit Connect: Souveräner Support und Virtualisierungsflucht nach vorn

Souveräner Cloud-Support, KI und Virtualisierung ohne Broadcom-Daumenschrauben – das waren die zentralen Themen auf Red Hats Hauskonferenz.

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Blick auf RednerbĂĽhne und Publikum bei der Red-Hat-Konferenz.

(Bild: Jens Söldner / heise medien)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Jens Söldner
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Auf dem Summit Connect in Darmstadt zeigte Red Hat nicht nur neue Produkte, sondern ließ tief in die Strategien deutscher Großunternehmen blicken. Zwischen Volkswagen-Bürokratie und Rossmann-Cloud-Migration wurde klar: Der Abschied von Legacy-Virtualisierung und der souveräne Einstieg in KI sind die aktuellen Großbaustellen der IT, zumindest aus Sicht von Red Hat und seinen Referenzkunden.

Die Themen auf dem „Red Hat Summit Connect“ in Darmstadt gingen weit über das übliche Container-Management hinaus, das der Hersteller seit mehreren Jahren mit seinem Flaggschiff-Produkt OpenShift in der Oberklasse recht erfolgreich bespielt. Gregor von Jagow, Country Manager Deutschland, eröffnete die Veranstaltung vor einem Publikum, das sichtlich nach Antworten auf drei drängende Fragen suchte: Wie bleibt meine KI datenschutzkonform? Wie befreie ich mich aus dem „Broadcom-Griff“ bei der Virtualisierung? Und wie bringe ich KI vom Spielplatz in die Produktion?

Dass digitale Souveränität nicht nur ein politisches Lippenbekenntnis ist, untermauerte Red Hat mit Zahlen aus einer aktuellen Studie: Für 80 Prozent der befragten deutschen Unternehmen hat das Thema mittlerweile Top-Priorität, noch vor Sicherheit (79 Prozent) und Hybrid- oder Multi-Cloud (78 Prozent). Passend dazu wurde der „Red Hat Confirmed Sovereign Support“ vorgestellt. Dieses Angebot zielt spezifisch auf EU-Kunden mit hohen Compliance-Anforderungen (Behörden, KRITIS). Red Hat garantiert hierbei vertraglich, dass Support-Daten (Logs, Coredumps etc.) die EU nicht verlassen und ausschließlich von Personen innerhalb der EU bearbeitet werden.

Damit will Red Hat auf Bedenken von Informationsverantwortlichen (CIOs) eingehen, die bei US-Tech-Giganten oft einen latenten Kontrollverlust fürchten. Zudem möchte sich der Open-Source-Anbieter von „proprietären, souveränen Angeboten“ absetzen, die laut dem Hersteller auf Software mit geschlossenem Quellcode und undurchsichtigen Architekturen basieren. Red Hat sieht sich mit einem rein auf Open-Source-Software basierendem Techstack mit OpenShift, Ansible, Podman, Kubernetes und dem Support der Open-Source-Community gut gerüstet, Organisationen beim Weg in die digitale Souveränität unterstützen zu können.

Dafür hat Red Hat strategische Partnerschaften mit deutschen Cloud-Anbietern geschlossen: StackIT, Ionos und SysEleven bieten Services von Red Hat an und ermöglichen damit die Nutzung auf souveränen Clouds in Deutschland. Auf den Betrieb von Red Hat OpenShift in der Cloud haben sich Ionos und SysEleven spezialisiert. SysEleven ermöglicht als Teil der secunet Security Networks AG den Betrieb von Red Hat OpenShift auf der vom BSI zugelassenen SINA Cloud, welche die strengen Anforderungen für die Klassifizierungen VS-NfD (Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch) und GEHEIM erfüllt.

Einen der spannendsten Einblicke in die Praxis lieferte ein Praxisvortrag der Volkswagen AG. Unter dem Titel „KI trotz Bürokratie“ zeigte Eike Holtz, Virtualization Technology Specialist bei Volkswagen, auf, wie der Autoriese Red Hat OpenShift Lightspeed (einen GenAI-Assistenten) nutzt, um interne Hürden zu senken.

Das Problem bei VW ist typisch für deutsche Konzerne: Hunderte Gesetze und interne Compliance-Vorgaben machen IT-Prozesse zäh und langwierig. Der Einsatz von KI-Assistenten dient hier nicht primär dazu, Code zu schreiben, sondern als „Hilfe zur Selbsthilfe“ für die internen Kunden der Plattform. Interessantes Detail am Rande: Die Ticketanzahl im Support ist dadurch zwar noch nicht gesunken, aber die Qualität des Feedbacks und die Lösungsgeschwindigkeit für Nutzer stiegen spürbar an.

Zuhörer der Keynote bekamen tiefe Einblicke in die Cloud-Strategie der Drogeriekette Rossmann. Der Titel „From Legacy to Leadership“ war dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Rossmann vollzieht eine massive Migration weg von klassischen Virtualisierungslösungen (im Foliensatz tauchte prominent das VMware-Logo im „Legacy“-Bereich auf) hin zu einer modernen, containerzentrischen Applikationsplattform.

Rossmann setzt dabei auf einen hybriden Ansatz: Azure Red Hat OpenShift (ARO) in der Cloud und OpenShift on-premises. Ziel ist es, VMs und Container einheitlich zu verwalten („OpenShift Virtualization“). Dies spiegelt einen breiteren Trend der Konferenz wider: Viele Unternehmen nutzen die aktuelle Marktunruhe rund um Broadcom/VMware, um ihre Virtualisierungsstrategie grundlegend zu überdenken und VMs als „Container zweiter Klasse“ in Kubernetes-Umgebungen zu migrieren.

Das stellt sicher einen interessanten Ansatz dar, ist aber noch nicht in allen möglichen Kundenszenarien als komplette Ersetzung einer bestehenden VMware Landschaft geeignet, da das Ökosystem rund um die kubevirt-basierende Plattform OpenShift Virtualization noch etwas reifen muss.

Intel flankierte das Event technologisch. Hans Roth (Red Hat) und Andreas Timm (Intel) betonten die enge Verzahnung von Software und Hardware fĂĽr KI-Workloads. Im Fokus stand Intels KI-Beschleuniger Gaudi 3. Die Botschaft war klar: FĂĽr Inferenz-Workloads und das Fine-Tuning von Modellen (wie Llama 2/3) muss es nicht immer die teure und knappe GPU-Konkurrenz sein. Intel positioniert Gaudi 3 mit aggressiven Performance-pro-Watt- und Preis-Leistungs-Versprechen, insbesondere im Zusammenspiel mit Red Hat Enterprise Linux AI (RHEL AI).

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Valentina Kerst, Geschäftsführerin des KI-Bundesverbandes, unterstrich in ihrem Vortrag die strategische Bedeutung der digitalen Souveränität in der aufziehenden KI-Ära. KMUs, die Unterstützung bei der Umsetzung von KI-Projekten benötigten, können bei der Akademie für künstliche Intelligenz Hilfe erhalten. Das ist laut Kerst ein Projekt des KI-Bundesverbandes zusammen mit regionalen Partnern wie dem Mittelstand-Digital-Zentrum Franken, hinter dem unter anderem die Hochschulen Nürnberg und Ansbach stehen.

In der begleitenden Ausstellung stellte Red Hat auch seine Trainingsangebote rund um RHEL, Container und OpenShift sowie Ansible vor. Mit der Red Hat Academy wendet sich das Unternehmen an akademische Partner sowie Schulen. Red Hat stellt hier umfangreiche Kurse teils als komplette Videokurse, teils als eLearning inklusive Laborumgebungen kostenfrei zur Verfügung. Weltweit nutzen laut Red Hat über 80.000 Studenten das Angebot, in Deutschland seien rund 20 Schulen, Hochschulen und Universitäten Mitglied im Programm.

Insgesamt vermittelte der Summit Connect in Darmstadt einen pragmatischen Eindruck. Die wilden Experimentierphasen der KI scheinen vorbei. Jetzt geht es um Integration, Compliance und harte Infrastruktur-Entscheidungen. Mit Red Hat AI 3 (fokussiert auf Edge-Inferenz), dem souveränen Support und starken Partnern wie Microsoft und Intel positioniert sich Red Hat erfolgreich als der „Infrastruktur-Anwalt“ für europäische Unternehmen, die Innovation wollen, aber Regulation nicht ignorieren können.

(axk)