Kein schwedischer Schutzschild für Wikileaks

Der umstrittene Wikileaks-Sprecher Julian Assange erhält keine Aufenthaltserlaubnis in Schweden. Damit können die Whistleblower nicht vom Schutzschirm des schwedischen Presserechts profitieren.

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Von
  • Detlef Borchers

Während das Whistleblower-Portal Wikileaks einen Un-Coup feiern kann, auf den das Pentagon reagiert, wird die Lage für Sprecher Julian Assange in Schweden prekär. Sein Antrag auf eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis wurde von der schwedischen Ausländerbehörde Migrationsverket abgelehnt. Damit schwindet die Chance für Wikileaks, die Web-Präsenz des Projektes unter den Schutz des umfassenden schwedischen Presserechts zu stellen.

Unterdessen zeigt sich der Druck, den die Whistleblower-Website auf Geheimnisträger ausüben kann. US-amerikanischen Medienberichten zufolge hat das Pentagon die Medien davor gewarnt, mit Wikileaks zusammenzuarbeiten. "Die Medien sollten gewarnt sein, dieser als Wikileaks bekannten unehrenhaften Organisation bei der Veröffentlichung geheimer Dokumente zu helfen", erklärte Pressesprecher Oberst David Lapan. Die Nachrichtenanbieter sollten Wikileaks keine Glaubwürdigkeit verleihen.

Hintergrund dieser Warnung sind Spekulationen, dass Wikileaks vor der Veröffentlichung von weiteren 400.000 geheimen Dokumenten aus Afghanistan steht. Unter Berufung auf "informierte Kreise" hatte dies die US-Zeitschrift Wired für Montag angekündigt, woraufhin sich Assange bemühte zu dementieren: "Von seltenen Ausnahmen abgesehen, teilen wir nicht mit, wann welche Dokumente veröffentlicht werden."

Unterdessen hat Assange selbst ein Organisationsproblem. Nach schwedischen Zeitungsberichten hat die Ausländerbehörde seinen Antrag auf dauernde Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Auf Nachfragen des Dagens Nyheter machte die zuständige Beamtin Gunilla Wikström keine Angaben darüber, ob die Ablehnung auf Druck von Regierungsbehörden erfolgt oder das Untersuchungsverfahren gegen Assange eine Rolle gespielt hat.

Seit Anfang September ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen eines Verdachts auf Vergewaltigung gegen Assange. Dieser Verdacht wurde zwischenzeitlich so abgemildert, dass Assange Schweden zu Vortragszwecken verlassen durfte. Die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis ist ein Rückschlag für Wikileaks. Die Website sollte unter das schwedische Presserecht gestellt werden, das es Herausgebern verbietet, ihre Quellen zu nennen. Voraussetzung für diese "Utgivarskap" ist jedoch die schwedische Staatsbürgerschaft oder eine gültige Aufenthaltsgenehmigung. (vbr)