Martin Parr gestorben: Chronist der farbigen Alltäglichkeit
Der britische Fotograf Martin Parr prägte die Dokumentarfotografie mit Humor, Farbe und Kritik am Konsum – nun ist er mit 73 Jahren gestorben.
(Bild: Raph_PH, CC BY 2.0)
Mit Martin Parr ist am 6. Dezember 2025 einer der prägendsten Fotografen des Vereinigten Königreichs gestorben. Der 73-Jährige starb in seiner Heimat Bristol an den Folgen einer Krebserkrankung. Parr war ein scharfer Beobachter des britischen Alltags und ein Meister darin, das Gewöhnliche zur Kunst zu erheben – meist mit einer guten Portion Ironie.
Parr, 1952 in Epsom, Surrey geboren, fand über seinen begeisterten Amateurfotografen-Großvater früh den Weg zur Kamera. Nach dem Studium am Manchester Polytechnic wandte er sich zunächst der klassischen Schwarz-Weiß-Fotografie zu. Mitte der 1980er Jahre entdeckte er dann die Farbe als erzählerisches Mittel für sich – und veränderte damit die britische Dokumentarfotografie nachhaltig.
Sein Durchbruch gelang ihm mit der Serie “The Last Resort“, für die er von 1983 bis 1985 das Strandleben in New Brighton bei Liverpool festhielt. Die knallig bunten und schonungslos ehrlichen Szenen von Familien im Urlaub zeigten eine Gesellschaft zwischen Freizeitglück und Konsumkater. Für viele galt diese Arbeit als revolutionär, da sie die Dokumentarfotografie von ihrem bis dahin vorherrschenden ernsten Schwarz-Weiß-Ton löste und sie für Farbe, Witz und alltägliche Absurditäten öffnete.
Zahlreiche Auszeichnungen und eigene Stiftung
Auch in späteren Projekten wie “Small World“ oder “Common Sense“ blieb Parr dem Thema Konsum treu, das er nun global betrachtete. Er fotografierte Touristen, Shoppingmalls und Buffets mit demselben neugierigen, mitunter gnadenlosem Blick. Seine oft grell gesättigten Farben, der leichte Blitz und der bewusste Einsatz optischer Übertreibungen wurden zu seinem Markenzeichen.
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1994 wurde Parr Mitglied der renommierten Fotoagentur Magnum, deren Präsident er von 2013 bis 2017 war. 2014 gründete er die “Martin Parr Foundation“, die sich seit 2017 in Bristol der Förderung der britischen Fotografie widmet. Für seine Verdienste um die Kunst wurde er 2021 von Queen Elizabeth II. ausgezeichnet. Seine beeindruckende Fotosammlung und rund 12.000 Fotobücher übergab er der Tate Gallery.
Mit seinem Tod verliert die Fotowelt einen Künstler, der das Banale ernst nahm und darin das Komische fand. Martin Parr sah das Leben, wie es war: ungeschönt, bunt und manchmal absurd. Genau darin lag seine große Wahrheit.
(vat)