Microsoft macht neue Konzessionen im EU-Kartellverfahren

Microsoft biete allen Konkurrenten unbegrenzte und kostenlose technische Unterstützung an, um ihre Software interoperabel mit Windows-Servern zu machen, sicherte der Softwarekonzern in Brüssel zu.

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Von
  • Jürgen Kuri

Im Tauziehen um die Erfüllung von EU-Sanktionen hat Microsoft der EU-Kommission neue Konzessionen angeboten. Microsoft offeriere allen Konkurrenten unbegrenzte und kostenlose technische Unterstützung an, um ihre Software interoperabel mit Windows-Servern zu machen, sicherte der Softwarekonzern laut einem dpa-Bericht zu. Außerdem solle die technische Dokumentation verbessert werden. Mit diesen Offerten wolle man signalisieren, dass man den Entscheidungen der EU-Kommission voll entsprechen wolle.

In einem ersten Kommentar hieß es in Brüssel, die Angebote Microsofts erschienen konstruktiv, doch müsse noch mehr unternommen werden: Technischer Support nütze nur etwas, wenn die technische Dokumentation auch einen gewissen Standard erreicht habe. Und genau damit, wie sich Microsoft die Dokumentation seiner Protokolle für die Kommunikation mit Windows-Servern vorstellt, ist die EU-Kommission bislang unzufrieden. Nach Ansicht der europäische Wettbewerbshüter erfüllt der Konzern die vor zwei Jahren erteilten Auflagen immer noch nicht. Die EU-Kommission hatte den Software-Giganten vor rund zwei Jahren zu einer Rekordstrafe von 497 Millionen Euro und zur Öffnung von Windows für Wettbewerber verurteilt. Microsoft zahlte wie vorgesehen die Strafe, klagte aber vor dem EU-Gericht erster Instanz gegen die Strafe – das Hauptsacheverfahren ist noch nicht abgeschlossen, eine Aussetzung der Produktauflagen bis dahin lehnte das Gericht aber ab.

Im Dezember hatte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes tägliche Zwangsgelder von bis zu zwei Millionen Euro angedroht, sollte der Konzern die geforderten technischen Angaben nicht vollständig liefern. Der technische Bevollmächtigte Neil Barrett, ein Informatikprofessor aus Großbritannien, war in seinem Prüfbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass Microsoft der Forderung nach Offenlegung von Windows-Schnittstellen nicht ausreichend nachkommt.

Microsoft hatte auf die Vorwürfe der Kommission zuerst recht barsch reagiert und ihr Verletzung von Neutralitätspflichten vorgeworfen: Die Brüsseler Wettbewerbshüter würden mit Microsoft-Konkurrenten kollaborieren. Mitte Februar hatte Microsoft kurz vor Ablauf eines Ultimatums auf Brüsseler Wettbewerbsvorwürfe geantwortet und damit die neuen Bußgelder erst einmal abgewendet. Davor hatte Microsoft bereits angeboten, freiwillig Quellcode für Windows-Server zu lizenzieren. Dies sei die beste Dokumentation auch der Protokollschnittstellen, hieß es bei Microsoft, und man gehe damit über die Anforderungen der EU-Kommission weit hinaus. Diese Absichtserklärung stieß aber auf Kritik, nicht zuletzt bei der EU-Kommission selbst.

Der Konzern hat mittlerweile auch US-Gerichte eingeschaltet, um an Unterlagen über Gespräche von Sun Microsystems, IBM, Oracle und Novell mit der EU-Kommission und dem technischen Berater der EU-Kommission zu kommen, die im Kartellverfahren eine Rolle spielen sollen.

Zuletzt hatte Microsoft auch im US-Kartellverfahren zugesagt, die technische Dokumentation der Kommunikationsprotokolle nachzubessern: Die Richterin, die die außergerichtliche Einigung mit dem US-Justizminsterium überwacht, und das technische Komitee, das die Einhaltung der Auflagen kontrolliert, hatten Microsofts bisherige Maßnahmen als unzureichend gerüffelt. Im EU-Verfahren steht als nächster Termin am 30./31. Mai das von Microsoft beantragte Hearing ins Haus, bei dem der Konzern direkt auf die Vorwürfe der Kommission antworten kann. Den Antrag, dies öffentlich zu veranstalten, lehnte die Kommission ab: Solche Hearings seien nach EU-Recht immer nicht-öffentlich. (jk)