Kernfusion in der Provence

Der Testfusionsreaktor ITER wird im südfranzösischen Cadarache gebaut. Das Projekt soll in den kommenden Jahrzenten die Machbarkeit der extrem komplexen Technik zur Energiegewinnung demonstrieren.

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Von
  • Mattias Hermannstorfer

Der als Machbarkeitsstudie geplante Internationale Thermonukleare Experimental-Reaktor ITER wird in Cadarache nahe dem südfranzösischen Aix-en-Provence gebaut. Dies gaben die EU und die übrigen beteiligten Nationen Russland, China, Japan, die USA und Kanada auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Moskau heute bekannt.

Frankreich setzte sich damit vor allem gegen den Kandidaten Japan durch, das sich neben Kanada und Spanien als Standort für eines der aufwendigsten und teuersten Wissenschaftsprojekte beworben hatte. EU-Forschungskommissar Janez Potocnik wertete die Entscheidung als großen Erfolg für die internationale Forschungsgemeinschaft und als gewaltigen Schritt nach vorn. Das ITER-Projekt ist auf 35 Jahre ausgelegt und verschlingt rund 10 Milliarden Euro. Es soll den Weg für eine nahezu unerschöpfliche und dabei sichere und umweltfreundliche Energieversorgung ebnen. Mit einem kommerziellen Betrieb von Fusionsreaktoren rechnen die Forscher allerdings erst in etwa 50 Jahren.

Ähnlich wie in der Sonne verschmelzen in einem Fusionsreaktor die Kerne der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium bei rund 100 bis 200 Millionen Grad Celsius zu Heliumkernen und setzen dabei ungeheure Mengen an Energie frei. Ein Gramm dieses Brennstoffs könne so mit 90.000 Kilowattstunden etwa gleich viel Energie wie elf Tonnen Kohle liefern, ohne dabei das schädliche Kohlendioxid zu produzieren. Da kein Material die enorme Hitze aushält, muss das Plasma daher mit extrem starken Magnetfeldern schwebend gefangen gehalten werden.

Während die Kettenreaktion in herkömmlichen Atomkraftwerken außer Kontrolle geraten und damit eine Katastrophe auslösen könne, sei ein Fusionsreaktor inhärent sicher, betonen die Forscher. Im schlimmsten Fall erlischt das Plasmafeuer und das Kraftwerk geht damit quasi aus. Als einziges unerwünschtes Nebenprodukt müssten die durch die bei der Fusion entstehenden Neutronen radioaktiv verstrahlten Reaktorwände zwischengelagert werden. Die Strahlung sei aber so kurzlebig, dass sie bereits nach 100 Jahren nur noch ein Zehntausendstel des ursprünglichen Werts betrage. (mhe)