Setzt Gates Stiftung auf genverändertes Saatgut?

Die Stiftung stellte neben anderen ehemaligen Mitarbeitern von Pharma- und Zuchtkonzernen den Vizepräsidenten von Monsanto ein.

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Von
  • Florian Rötzer

Die Bill und Melinda Foundation ist mit der Schenkung der über 30 Milliarden von Warren Buffet zu einem einflussreichen Machtfaktor geworden. Mit den 60 Milliarden US-Dollar, über die sie dann verfügen wird, ist sie nicht nur die größte Stiftung, sondern sie wird im Bereich der Bildung, Gesundheit und Entwicklungshilfe zusammen oder in Konkurrenz mit internationalen Organisationen deutlich ihre Spuren hinterlassen. Jährlich werden bereits 1,36 Milliarden ausgegeben, zuletzt 23 Millionen US-Dollar für Indien zur Aidsvorsorge.

Die Ausrichtung der Gates-Stiftung, die vor allem auf „Innovation“ in Wissenschaft und Technik setzt, könnte sich vielleicht an den neuesten Einstellungen abzeichnen. Seit Januar des Jahres wurden 100 Personen angestellt, viele in neu geschaffenen Positionen. Insgesamt arbeiten hier bereits 319 Angestellte, in aller Regel Menschen, die beruflich bereits Karriere gemacht haben. Bezahlt werden sie, auch wenn sie aus gut dotierten Positionen der Privatwirtschaft stammen, angeblich entsprechend der Gehälter anderer nichtkommerzieller Organisationen. Ashok Alexander, der Leiter der HIV-Präventionsinitiative in Indien, war früher bei McKinsey tätig und ist derzeit mit einem Jahresgehalt von 400.000 US-Dollar der bestbezahlte Angestellte. In den nächsten Jahren wird sich die Zahl der Angestellten verdoppeln und die Stiftung in ein neues Gebäude in Seattle umziehen. Mit dem Bau soll nächstes Jahr begonnen werden.

Neu etabliert wurde die Abteilung Global Development mit 36 Angestellten, die dieses Jahr bereits 200 Millionen US-Dollar an Fördermitteln bereit gestellt hat. Ziel dieser Abteilung ist die Bekämpfung der Armut „durch die Verbesserung des Anbaus und der Märkte für kleine Bauern“. Man setzt auf Mikrokredite, öffentlichen Internetzugang und auf „technologische Innovationen in der Landwirtschaft“, um vor allem für Afrika eine neue „Grüne Revolution“ zu ermöglichen, die einst von der Weltbank und der Rockefeller Stiftung gefördert wurde. In den 60er Jahren wurden Ertragssteigerungen vor allem in Indien durch die Züchtung neuer Getreidesorten und den Einsatz von Dünger und Pestiziden erzielt.

Für Global Development wurde kürzlich beispielsweise Geoffrey Lamb, ein früherer Vizepräsident der Weltbank, eingestellt, aber auch Robert Hosch, ehemaliger Vizepräsident von Monsanto. Dort hatte der Wissenschaftler die Entwicklung von genveränderten Pflanzen geleitet. Er ist, so die Seattle Times, in der Stiftung tätig, um mit Gentechnik die Erträge zu steigern. Damit könnten auf den Umweg über die Stiftung die auf Gentechnik setzende Politik der USA und natürlich gleichzeitig auch die Interessen der Konzerne gefördert werden, die genverändertes Saatgut mit entsprechenden Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln anbieten.

Dass die Stiftung diesen Markt anpeilt, zeigt auch die Einstellung von Lutz Goedde, ehemaliger Manager von Alta Genetics, eine der weltweit führenden Rinderzuchtfirmen. Schon Anfang des Jahres kam Tadataka Yamada, der ehemalige Leiter der Abteilung für Forschung und Entwicklung des Pharma-Konzerns GlaxoSmithKline, zur Gates Stiftung, der nun das Global Health Program der Stiftung leitet.

Bei der Gates Stiftung heißt es, man werde alle Optionen verfolgen, um die landwirtschaftliche Produktivität in armen Ländern zu erhöhen. Zusammen mit der stark auf Biotechnologie setzenden Rockefeller Stiftung wurde im September die Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) gestartet. 150 Millionen US-Dollar gehen in ein Programm zur Verbesserung des Saatguts. Geplant ist, für Afrika 200 neue Saatgutsorten zu entwickeln, afrikanische Wissenschaftler auszubilden und Geld, Kredite und Schulung bereitzustellen, um ein Netz von Händlern vor Ort aufzubauen, um „Saatgut, Dünger, Chemikalien und Wissen zu kleinen Bauern“ zu bringen.

Das Problem könnte sein, so Kritiker, dass vor allem der private Sektor und hier die Saatgutkonzerne und Händler gefördert werden, während die Bauern, deren Armut angeblich bekämpft werden soll, vor allem als Abnehmer und Endkunden für lizenziertes Saatgut, einschließlich Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmittel, gesehen werden. Andere sehen die Orientierung an der "Grünen Revolution" als verkehrt an, weil sie gescheitert sei. Die sich erweiternde Kluft zwischen Reichen und Armen werde auch mit AGRA gefördert, Umwelt und Artenvielfalt geschädigt, die Abhängigkeit der Bauern von transnationalen Konzernen verstärkt und Alternativen zur Biotechnologie ausgeklammert. Vor allem aber sei Hunger keine Folge von Nahrungsmittelknappheit, sondern von Armut. (fr)