Robotertechnik: Auf die Körnung kommt es an

Wissenschaftler der University of Chicago haben einen extrem einfachen, aber dennoch vielseitigen Greifer für Roboter konstruiert. Kaffeepulver spielt dabei eine entscheidende Rolle.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Eine Tüte Kaffeepulver kann nicht nur müde Phasen am Schreibtisch überbrücken. Wenn die Körnung stimmt und die Tüte groß genug ist, lässt sich der Arbeitsplatz damit auch gleich aufräumen. Das legt jedenfalls ein Artikel in der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) nahe. In der aktuellen Ausgabe berichten US-Forscher von der Konstruktion eines vielfältig einsetzbaren Robotergreifers, der mit der Verhärtung von körnigem Material arbeitet (Video-Datei) .

Wer schon mal gemahlenen Kaffee in der Vakuumverpackung gekauft hat, kennt den Effekt: Zunächst ist die Packung hart wie ein Ziegelstein, aber sobald sie geöffnet wird und Luft einströmt, wird sie weich und nachgiebig. Das von Eric Brown an der University of Chicago geleitete Team hat nun einen 4,3 Zentimeter durchmessenden Gummibeutel mit Kaffeepulver gefüllt, an einem Roboterarm befestigt und mit einer Pumpe verbunden, die die Luft aus dem Beutel absaugen und ihn so hart oder weich machen kann.

Das Ziel der Forschung, die von der Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa) des US-Verteidigungsministeriums unterstützt wurde, ist es, das Greifen unterschiedlicher Gegenstände mit einem Minimum an Regelungsaufwand zu ermöglichen. Üblicherweise sind Roboter dafür mit Greifern ausgestattet, die zwei oder mehr Finger haben. Um damit unterschiedlich geformte Objekte in zufälliger Anordnung sicher in den Griff zu bekommen, ist aber eine präzise Steuerung über Kameras erforderlich. Das Robotersystem muss eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, etwa wie weit es die Finger spreizt oder aus welcher Richtung es den Griff ansetzen will. Zudem muss die Griffstärke dem Gegenstand angepasst werden.

All das erübrigt sich beim Einsatz des Pulvergreifers. Im weichen Zustand schmiegt er sich um den zu greifenden Gegenstand. Dann wird die Luft herausgepumpt, der Greifer verhärtet sich und das Objekt bleibt an ihm haften. Im Laborexperiment funktionierte das sehr gut mit Blitzlichtbirnen, Flaschenverschlüssen, Schokolinsen sowie einer Vielzahl von Büroartikeln. "Die einzigen Objekte, die nicht gegriffen werden konnten, waren solche, bei denen die Greifermembran nicht ausreichend um die Seiten reichte", schreiben die Forscher. "Dazu zählten Halbkugeln, die mehr als halb so groß waren wie der Greifer, flach auf dem Tisch liegende dünne Scheiben oder sehr weiche Objekte wie Wattebällchen."

An seine Grenzen kommt das System auch, wenn es um die Handhabung von Gegenständen geht. Der Pulverbeutel ist nur zum bloßen Greifen geeignet, das aber auch unter schwierigen Bedingungen, wenn etwa über die Objekte und ihre Lage nichts bekannt ist oder mehrere Gegenstände gleichzeitig gegriffen werden sollen, ohne ihre Positionen zueinander zu verändern.

Für die optimale Funktionsweise ist es auch wichtig, die richtige Körnung zu finden. Ein sehr feines Pulver passt sich besser den Gegenständen an, erschwert aber das Abpumpen der Luft. Kaffeeverkäufer, die ihre Kunden fragen, ob die Bohnen für den Handfilter oder die Kaffeemaschine gemahlen werden sollen, müssen zukünftig wohl auch mit der Antwort "für den Roboter" rechnen. (pmz)