GVU fordert Maßnahmenpaket gegen Urheberrechtsverletzer

Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) konnte im vergangenen Jahr deutlich weniger Verfahrensabschlüsse bei Copyright-Verstößen erreichen als 2008 und ruft nun voller Ungeduld die Politik zu Hilfe.

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Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) konnte im vergangenen Jahr deutlich weniger Verfahrensabschlüsse bei Copyright-Verstößen erreichen als 2008. 2009 wurden insgesamt 410 Strafverfahren erfolgreich abgeschlossen, während es im Vorjahr noch 921 waren. Die Zahl der abgeschlossenen Zivilverfahren ging von 170 auf 91 zurück. Dies geht aus dem Jahresbericht 2009 der vor allem für die Filmwirtschaft tätigen Organisation hervor, den diese vor einem Branchenforum am heutigen Donnerstag in Berlin präsentierte. 2007 lag der Anteil der erfolgreich abgeschlossenen Strafverfahren noch bei 1873, die der Zivilverfahren bei 380 Fällen.

GVU-Geschäftsführer Matthias Leonardy erklärte den drastischen Rückgang mit "enorm aufgeblasenen Fallzahlen" in den Vorjahren. Damals seien die Ermittlungsbehörden auch benutzt worden, "um an IP-Adressen heranzukommen" und die Nutzer dahinter zu identifizieren. Dafür gebe es inzwischen das Instrument des zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs, das die Strafjustiz entlastet habe. Übrig geblieben seien "die größeren Fälle", die "schwerwiegender geworden sind". Als Beispiele nannte der GVU-Vertreter "neun Pay-Server-Ringe mit Filmen, TV-Serien und Games", die ausgehoben worden seien, sowie ein "führendes Portal mit Download-Links" für rund 64.000 Titel. Dieses Verfahren sei aber noch am Laufen. Generell habe sich die GVU eigentlich dem Vorgehen gegen die "wesentlichen Verteilerköpfe" verschrieben und auf Massenabmahnungen von Endkunden im Gegensatz zur Musikindustrie verzichtet. "Einzelne Unternehmen" aus der Branche gingen inzwischen aber auch direkt gegen Nutzer vor.

Plakatkampagne der GVU

(Bild: Stefan Krempl)

Erstmals seien "First Seeder" verurteilt worden, die als erste Material in Tauschbörsen eingespeist hätten, freute sich Leonardy. Einer davon sei mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen belegt worden. 22 Prozent der Fälle seien wegen anderweitiger Verurteilungen etwa aufgrund von Computerkriminalität eingestellt worden. Dies zeige, dass "Raubkopierer" nicht nur aus "sportlichem Ehrgeiz" unterwegs seien, sondern etliche damit im Internet ihr Geld verdienten.

Insgesamt sind laut Leonardy 2009 neue Ermittlungen gegen Urheberrechtsverletzungen in 686 Fällen aufgenommen und 826 neue Verfahren eingeleitet worden. Der Großteil davon sei von Vorermittlungen der GVU angestoßen worden. Deren Zahl sei von 221 Vorgängen im Vorjahr auf 232 angestiegen. Zwei Drittel davon hätten einen Internetbezug mit "Schnittstellen zum Massenmarkt" bei "Release-Gruppen", 22 Prozent hätten sich gegen "digitale Hehler" gerichtet. Neu erfasst worden seien "Kinoabfilmer", die bereits auf 6 Prozent kämen. Der Rest beziehe sich "auf den Verkauf von Raubkopien auf Märkten" online wie offline und auf Nachahmungen von Hartgütern wie DVDs oder Controllern. Hier seien oft "organisierte internationale arbeitsteilige Banden" am Werk, in die man schwierig reinkomme.

Die Tauschbörsennutzung hat laut Leonardy "in absoluten Zahlen" zugenommen, auch wenn ihr Anteil am gesamten Internetverkehr abnehme. Auch Direkt-Downloads über Filehoster nähmen weiter großen Raum ein. Betroffen seien "alle Genres, bis hin zum Bollywood-Film ganz intensiv". Ein besonderes Dorn im Auge ist der GVU, dass sich auch die "komfortablen" illegalen Streaming-Angebote weiter auf dem Vormarsch befinden. Dieser Bereich "explodiert", schlug Leonardy Alarm. Die Seite Kino.to etwa, die zu den 50 beliebtesten Seiten hierzulande gehöre, sei seit Jahren das "Top-Ziel" der Filmindustrie. "Wir glauben, dass letzten Endes Deutsche dahinterstehen", mutmaßte der GVU-Mann. Die Plattform sei aber "professionell abgeschirmt, die Täter unerreichbar". Man habe den Betreiber in den Niederlanden auf dem Radar gehabt, vom Provider aber "nur aber Mickey-Mouse-Daten erhalten" Inzwischen hätten sich die Macher Russland als Host ausgesucht. Da die Seite von dort aus aber gar nicht aufrufbar sei, würden die dortigen Behörden die Sache "nicht als ihr Bier" ansehen.

Um gegen entsprechende Streaming-Seiten und Urheberrechtsverletzer allgemein besser vorgehen zu können, forderte Leonardy ein umfangreiches Maßnahmenpaket von der Politik, die ihn in den vergangenen Jahren "enttäuscht" habe. Registrare von Domains sollten verpflichtet werden, "Realdaten von Anbietern zu erheben". Damit könne die Anonymität von Betreibern aufgehoben werden. Dazu wünschte er sich ein System der "abgestuften Erwiderung" auf Urheberrechtsverstöße, um zunächst Warnungen an die Nutzer zu schicken. Die Provider müssten zudem "reingucken, was im Netz passiert". Beim Einsatz von Techniken zur Deep Packet Inspection könne der Datenschutz gewahrt bleiben, wenn ohne Bezug auf einzelne Nutzer gefiltert würde. "Unzweifelhaft illegale Seiten" sollten ferner auf eine "Schwarze Liste" gesetzt werden.

Jan Oesterlin, Berater der Zukunft Kino Marketing GmbH, stellte parallel neue Motive mit dem Slogan "Ohne Dich gibt's keine neuen Filme" im Rahmen der Kampagne Respe©t Copyrights vor, die aus der umstrittenen Aktion "Raubkopierer sind Verbrecher" hervorging. "Damit machen wir darauf aufmerksam, dass unsere ehrlichen, zahlenden Kunden" die Erstellung von Werken ermöglichten. Die Plakate sollen von November an bundesweit in Videotheken und Kinos hängen. (anw)