Ein fast vergessenes Datum: Happy Birthday, Microsoft

Heute vor 30 Jahren lieferte die Firma MITS zum ersten Mal das Altair BASIC 2.0 in zwei Versionen für ihren Altair 8800 aus -- ab diesem Moment verdienten Bill Gates und Paul Allen das erste Geld mit ihrer Software.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 30 Jahren lieferte die Firma MITS zum ersten Mal das Altair BASIC 2.0 in zwei Versionen für ihren Altair 8800 aus. Das Altair BASIC 4K und das Altair BASIC 8K wurde von Bill Gates und Monte Davidoff auf einem 8080-Emulator geschrieben, den Paul Allen programmiert hatte. Die Auslieferung der Software durch MITS ist damit die Geburtsstunde von Microsoft, denn ab diesem Moment verdienten Bill Gates und Paul Allen mit ihrer Software Geld -- auch wenn der eigentliche Distributionsvertrag in Albuquerque am MITS-Firmensitz erst am 22. Juli 1975 geschlossen wurde. Auch den Namen "Micro-Soft" erfanden die Gründer erst am 29. November nachträglich, als eine Anzeige gestaltet werden musste. Microsoft selbst feiert den Geburtstag nicht an diesem Tag, wie aus der Timeline hervorgeht.

Bill Gates entwarf das erste Basic auf Notizblöcken [mit freundlicher Genehmigung aus: Susan Lammers, Programmers at Work; klicken für vergrößerte Ansicht]

Für ihr BASIC erhielten Gates und Allen 3000 Dollar in bar. Der Vertrag sah vor, dass sie 30 Dollar für jedes 4K-BASIC, 35 Dollar für das 8K-BASIC und 60 Dollar für die Extended Edition (BASIC mit Handbuch) erhalten sollen, wenn Altair-Käufer das BASIC zusammen mit der Bausatz bestellten, aus dem der Computer zusammengelötet werden musste. Außerdem sollten Gates und Allen als "General Licensors" jedes Mal 10 Dollar erhalten, sowie ein MITS-Kunde mehr als die 8K-Version des Altair 8800 bestellte. Da viele computerbegeisterten Hobby-Bastler Blankoschecks an MITS schickten und "one copy of everything" orderten, war der auf den 1. März 1975 zurückdatierte Vertrag ausgesprochen lukrativ. Kunden, die bereits einen Altair zusammengebaut hatten, konnten Altair BASIC 2.0 für 500 Dollar (4K-Version) oder 750 Dollar (8K-Version) kaufen und damit überhaupt die erste Software erwerben, die ihren Rechner zum Leben brachte. MITS und die Licensors Gates und Allen teilten sich diese Einahme 50/50.

Der Vertrag war auf die Gesamtsumme von 180.000 Dollar begrenzt, erhielt aber die Klausel, dass Gates und Allen frei waren, ihr BASIC an andere Computerhersteller zu verkaufen, wofür MITS Prozente erhalten sollte. Bestandteil des Vertrages war die Verpflichtung, dass ein Licensor für den Support vor Ort ganztägig bereit stehen musste, sowie das Geschäft mit der BASIC-Lizenz mehr als 2500 Dollar im Monat erwirtschaftete. Beide "General Licensors" wurden zum Support gefordert, wenn mehr als 5000 Dollar hereinkamen. Diese Klausel hatte zur Folge, dass der Student Bill Gates nach den Semesterferien nicht mehr an seine Universität zurückkehren konnte. Sein Vater, ein angesehener Rechtsanwalt in Seattle, der die Anwälte für die Vertragsgestaltung ausgesucht hatte, sollte später die Klausel als "schlimmste Sklavenhalterei" verfluchen. Dabei legte der Zwang zur Verbesserung von BASIC den Grundstein für die Karriere seines Sohnes.

Bill Gates und Paul Allen schlossen untereinander einen Vertrag. Paul Allen war für den Vertrieb der Software zuständig und wurde von MITS als "General Director of Software" eingestellt. Da er damit etwas Geld von MITS bezog, bestand Gates darauf, dass die Einnahmen 60/40 geteilt wurden. Im ersten Monat mit der neuen Firma -- Gates und Allen hatten zuvor mit einem Unternehmen namens Traf-O-Data Schiffbruch erlitten -- verdiente Bill Gates 910 und Paul Allen 606 Dollar. (Monte Davidoff, der dritte im Bunde, der sämtliche Gleitkommafunktionen von Altair BASIC entwickelt hatte, wurde mit 2400 Dollar ausgezahlt.)

Das Altair BASIC, das Gates und Allen entwickelten und das den Grundstein von Micro-Soft legte, wurde von beiden in Angriff genommen, nachdem sie in der Zeitschrift Popular Mechanics von der Existenz dieses Hobbyisten-Rechners erfahren hatten. Es unterschied sich erheblich von den Dutzenden Versionen des damals für Lehrzwecke eingesetzten und damit weitverbreiteten BASIC. Gates kopierte viele Eigenschaften von RSTS-11 BASIC-PLUS, das bei DEC für die PDP-8 geschrieben worden war, dem teuren Rechner, an dem sich alle Microcomputer orientierten. Die Übernahme kompletter Konzepte wurde damals toleriert. Die Gates-Biographen Manes und Andrews schrieben 1993:
"And when it came to computer programs, exactly what could be legally protected was, as it remains today, a matter of debate. It was generally believed that though actual program code could not be copied with impunity, a language's syntax and structrure were fair game."

Damit ein BASIC überhaupt auf dem Altair laufen konnte, musste jedes Byte eingespart werden, das eingespart werden konnte. Bill Gates, der das komplette Programm auf Notizblöcken in Assembler schrieb, trickste in einem Ausmaß, das spätere Microsoft-Programmierer in die Verzweiflung trieb, als sie den außerordentlichen kompakten Code warten mussten. Gleichzeitig waren es diese Tricks, mit denen Microsoft unautorisierte Versionen erkennen und juristisch verfolgen konnte. Schon vor dem ersten offiziellen Verkauf des Altair BASIC gelangten 50 Kopien einer Beta-Version in den Umlauf, was Gates maßlos ärgerte, obwohl die fehlerhafte Version beste Werbung für das "fertige Produkt" machte. Als Altair BASIC 3.0 erschien, sagte sich Gates in einem offenen Brief von der Gemeinde los. (Detlef Borchers) / (jk)