Kündigung wegen Anonymisierungssoftware rechtens

Ein Arbeitnehmer, der entgegen einer Dienstanweisung ein Anonymisierungstool installierte, machte sich laut Arbeitsgericht schwerer Pflichtverletzung schuldig, da er dem Arbeitgeber die Möglichkeit nahm, "sein technisches Betriebsmittel zu überwachen".

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Einem Arbeitnehmer, der entgegen einer ausdrücklichen Dienstvereinbarung heimlich Software wie das Java-Programm JAP installiert, kann ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Dies geht aus einer erst jetzt bekannt gewordenen Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BAG) hervor (Az. 2 AZR 179/05). Das Fehlverhalten sei als "erheblicher verhaltensbedingter Grund zur Kündigung" einzustufen und rechtfertige eine ordentliche Kündigung ohne Wenn und Aber.

Hintergrund des Urteils war die Dienstanweisung in einem bayerischen Amt für Wasserwirtschaft, wonach es den Angestellten verboten war, ohne Genehmigung Softwareinstallationen auf den Dienst-PCs vorzunehmen. Trotz der Kenntnis vom Verbot installierte der spätere Kläger, ein verheirateter Diplomingenieur, das Anonymisierungs-Tool JAP, das die Nachverfolgung aufgerufener Webseiten verhindert. Nachdem der Dienststellenleiter davon erfuhr und der Ingenieur zu den Vorwürfen schwieg, erfolgte drei Mal die fristlose und für den Fall der Unzulässigkeit vier Mal die ordentliche Kündigung, ohne dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen wurde.

Nachdem das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht (LAG) alle Kündigungen für unwirksam erklärt hatten, erhielt das Amt nun vom Bundesarbeitsgericht hinsichtlich der letzten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung Recht. Die fristlosen Kündigungen erklärte das BAG aufgrund eines Formfehlers beziehungsweise der fehlenden Beteiligung des Personalrats für null und nichtig. Die letzte ordentliche Kündigung erachteten die Bundesrichter jedoch für wirksam.

Bereits aus dem Verstoß gegen die Dienstanweisung als solchem folge eine erhebliche Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Zudem stelle sich die heimliche Softwareinstallation als eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht dar, an die auch Arbeitnehmer gemäß Paragraph 241 Absatz 2 BGB gebunden seien. Schließlich folge aus dieser Norm auch die Pflicht zum ordnungsgemäßen Umgang mit Betriebsmitteln, wonach eine eigenmächtige Veränderung von Computern untersagt ist.

Entgegen des eisernen Grundsatzes, wonach vor einer ordentlichen Kündigung eine vorherige Abmahnung auszusprechen ist, war die "gelbe Karte" nicht erforderlich. Da es sich um eine verhaltensbedingte Entlassung handelt, ist eine Abmahnung immer dann nicht notwendig, wenn "es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist".

Nach Auffassung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts war sich der Ingenieur aufgrund der Dienstanweisung der Unzulässigkeit seines Handelns absolut bewusst. Die schwere Pflichtverletzung erblickte das Gericht in der Tatsache, dass der Arbeitnehmer mit der Installation dem Arbeitgeber die Möglichkeit genommen habe, "sein technisches Betriebsmittel zu überwachen beziehungsweise zu kontrollieren".

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da das Bundesarbeitsgericht die Sache an das Landesarbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen hat. Hintergrund dafür war der Umstand, dass die Interessenabwägung des LAG Lücken aufwies und das Bundesarbeitsgericht derartige Defizite nicht beheben darf. Allerdings ist das Landesarbeitsgericht an die rechtliche Würdigung des BAG gebunden. (Noogie C. Kaufmann) / (uma)