Bundesrat storniert Pläne zur massiven Ausweitung der Telefon-Überwachung

Ein Vorstoß der Innen- und Rechtspolitiker der Länderkammer zum Auftauen eines umstrittenen Gesetzesentwurfs zur "Verbesserung der Telekommunikationsüberwachung" fand im Plenum keine Mehrheit.

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Eine Empfehlung der Innen- und Rechtspolitiker des Bundesrats zum Auftauen eines umstrittenen Gesetzesentwurfs zur "Verbesserung der Überwachung der Telekommunikation" fand im Plenum der Länderkammer am heutigen Freitag keine Mehrheit. Der Innen- und Rechtsausschuss wollte auf Antrag von Bayern und Hessen die zunächst auf Eis gelegten Vorschläge just in eine Stellungnahme zu einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur "Neuregelung der präventiven Telekommunikation- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt" einschleusen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sieht gemäß der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine Einschränkung der Bespitzelung des Telefon- und Briefverkehrs vor. Nach heftigen Protesten von Branchenverbänden wie dem VATM und dem Bitkom nahmen die Landespolitiker in der Plenarsitzung von der Ergänzung des Gesetzentwurfs durch erweiterte Überwachungsbestimmungen nun Abstand.

Harald Geywitz, Leiter des Hauptstadtbüros des VATM, zeigte sich in einer ersten Reaktion erleichtert über das Ergebnis der Abstimmung: "Der Versuch, das so genannte TKÜ-Verbesserungsgesetz eins zu eins in das laufende Gesetzgebungsverfahren zu schmuggeln, ist schief gegangen." Nur vier kleine andere Änderungsvorschläge, die sich vor allem auf das Kompetenz-Hick-Hack zwischen Bund und Ländern beziehen, seien befürwortet worden.

Der Vorstoß zu einem "TKÜ-Verbesserungsgesetz" war vor allem in die Kritik geraten, weil er den über die Jahre hinweg bereits immer wieder ausgedehnten Katalog der Straftaten in Paragraph 100a der Strafprozessordnung (StPO), bei denen die Telefonüberwachung zur Strafverfolgung erlaubt ist, um zahlreiche weitere, teils minder schwere Delikte wie den "Umgang mit kinderpornographischen Schriften" oder Fälle des Computer- und Scheckkartenbetrugs ergänzen wollte. Statt die Überwachungsgrundlagen ständig weiter aufzubohren, dringen Experten anhand von Gutachten zu Problemen mit der in die Grundrechte einschneidenden Maßnahme auf eine umfassende Novellierung der Telekommunikationsüberwachung.

Darüber hinaus sah das "Verbesserungsgesetz" vor, dass der umstrittene IMSI-Catcher, der der Standortermittlung und dem Abhören von Handynutzern dienen kann, ohne Richtervorbehalt und ohne Bindung an den Katalog des Paragraphen 100a StPO einsetzbar sein sollte. Datenschützer monieren allerdings, dass bei der Anwendung des IMSI-Catchers völlig unbeteiligte Dritte betroffen sind, deren aktiv geschaltetes Handy sich zufällig im Umfeld des überwachten Mobiltelefons befindet. Ferner wollten der Rechts- und Innenausschuss den so genannten stillen SMS den Weg bei der Strafverfolgung endgültig frei räumen, mit denen Ermittler heimlich Handys anpingen und über diesen Umweg künstlich Verbindungen und somit auswertbare Daten für die Handyortung generieren. Klargestellt werden sollte zudem, dass Telcos die begehrten Verbindungsdaten "unentgeltlich" herausrücken müssen. (Stefan Krempl) / (jk)