Schweizer Bundesgericht bestätigt Quellenschutz für anonyme Kommentare

Laut einer Entscheidung der obersten schweizerischen Gerichtsinstanz können Medienunternehmen den Quellenschutz auch für anonyme Kommentare auf ihren Websites beanspruchen, sofern diese ein Minimum an Information enthalten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 60 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Tom Sperlich

Gilt das Redaktionsgeheimnis auch für anonyme Kommentare im Online-Forum eines Medienunternehmens? Ja, entschied am Donnerstag das Schweizerische Bundesgericht. Voraussetzung sei jedoch, dass solch ein Beitrag ein Minimum an Information enthält, führte die oberste Gerichtsinstanz der Schweizer Justiz aus. Mit dem Urteil wurde einer Beschwerde des Schweizer Fernsehens (SF) stattgegeben. Laut Medienberichten betonten mehrere Richter, dass die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung für das Redaktionsgeheimnis und die Medienfreiheit habe.

Das SF war von der Staatsanwaltschaft Zug aufgefordert worden, die IP-Adresse zu einem anonym verfassten Forumsbeitrag herauszugeben. Eine unbekannte Person hatte sich unter dem Kürzel "A.M." in den Kommentaren zu einer Sendung unflätig über einen Dritten geäussert. Aufgrund des Beitrags war bei der Zuger Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Ehrverletzung und Missbrauch einer Fernmeldeanlage eingegangen. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin ein Strafverfolgungsverfahren eingeleitet.

Der Sender sollte bei der Ermittlung des anonymen Autors behilflich sein, berief sich jedoch auf den in Artikel 28 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vorgesehen Quellenschutz für Medienunternehmen und reichte Beschwerde ein. Artikel 28 erlaubt es periodisch publizierenden Medien, den Strafverfolgungsbehörden Angaben zur Identität von Informanten zu verweigern. Allerdings muss in solch einem Fall die Redaktion selbst für einen eventuell strafbaren Inhalt eines Beitrags geradestehen. Das Zuger Obergericht entschied, das SF könne sich nicht auf einen Quellenschutz berufen und lehnte die Beschwerde ab.

Der Sender gab jedoch nicht nach, behielt die Daten und suchte die Entscheidung vor dem Bundesgericht, das der Beschwerde stattgab. Zur Bedingung, dass ein geschützter Beitrag ein Minimum an Information enthalten müsse, erläuterte das Gericht, dass dabei keine hohen Anforderungen zu stellen seien, zumal heutzutage bei gewissen journalistischen Formen die Abgrenzung zwischen Information und Unterhaltung nicht immer leicht sei. Im konkreten Fall sei zumindest ein Teil des Kommentars informativ gewesen, weshalb SF den Quellenschutz beanspruchen könne. (vbr)