Bundeskabinett billigt "neue IKT-Strategie für Deutschland"

Die Bundesregierung hat am Mittwoch grünes Licht für die Endfassung einer unter Federführung des Wirtschaftsministeriums entwickelten "neuen IKT-Strategie" für Deutschland gegeben. Schwammig und meist unverbindlich ist auf 52 Seiten festgehalten, welche Schwerpunkte die Bundesrepublik in den kommenden fünf Jahren im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie setzen will.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch grünes Licht für die Endfassung einer unter Federführung des Wirtschaftsministeriums (BMWi) entwickelten "neuen IKT-Strategie" für Deutschland gegeben. In dem Papier "Deutschland Digital 2015" (PDF-Datei) hält das BMWi auf 52 Seiten fest, welche Schwerpunkte die Bundesrepublik in den kommenden fünf Jahren im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie setzen will. Die Bundesregierung bewirbt den neuen 5-Jahres-Plan mit dem Slogan "Klare Ziele - konkrete Maßnahmen" – zu finden sind in dem Strategiepapier aber vor allem Sätze wie dieser: "Die Bundesregierung wird dem IKT-Bereich im Rahmen der Entwicklung eines Arbeitskräftesicherungskonzepts und im Rahmen des IT-Gipfels in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft große Aufmerksamkeit widmen."

Als eine der wenigen konkreten Zahlen werden hier jedoch 30.000 Arbeitsplätze genannt, die bis 2015 im IKT-Sektor und in den Anwenderbranchen der IKT "neu entstehen sollen". Ob Deutschland sich damit von Platz 12 im Ranking der EU-Kommission (PDF-Datei) zum Anteil des IKT-Sektors an der Gesamtbeschäftigung verbessern kann, dürfte allerdings fraglich sein. Außer dem Themenfeld "Neues Wachstum und Arbeitsplätze durch Digitalisierung" haben die Strategen im BMWi insgesamt fünf weitere Handlungsfelder im Bereich IKT ausgemacht, darunter die "Digitalen Netze der Zukunft". Hier halten die Verfasser weiterhin an der These fest, dass "möglichst bis Ende 2010 eine flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen von mindestens einem MBit/s (downstream) erreicht werden soll". Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte unlängst aber erklärt, dass man dieses Ziel verfehlen werde.

Für Irritation sorgen dürfte auch die Aussage, dass bis Ende 2014 drei Viertel der deutschen Bevölkerung mit 50-MBit/s-Anschlüssen versorgt sein sollen und dass man damit die Zielmarken der EU übertreffen werde. Schließlich hatte der Bundesrat erst vergangene Woche erneut erhebliche Bedenken gegen eine "garantierte universelle Breitbandversorgung mit steigenden Geschwindigkeiten" seitens der EU geäußert. Nicht nachvollziehbar ist zudem die Angabe, dass Deutschland bei der Breitbandnutzung im Vergleich zu anderen großen europäischen Volkswirtschaften "vorne" liege: Laut Bericht der EU-Kommission belegt die Bundesrepublik europaweit nur Platz 12, was die Zahl von Kunden mit 2-MBit/s-Anschlüssen und schneller angeht. Laut Cisco nimmt Deutschland in einem weltweiten Breitband-Ranking derzeit Rang 17 ein.

Zum Themenfeld "Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt" heißt es schwammig, die Bundesregierung gehe davon aus, "dass der Staat bei der Informationstechnik und beim Internet eine Freiheits- und Ausgleichsfunktion, eine Schutz- und Gewährleistungsfunktion sowie eine Angebots- und Innovationsfunktion hat". Ziele seien der Schutz von Persönlichkeitsrechten auch im digitalen Raum sowie die Stärkung der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Das Internet solle "Raum der Freiheit und Rechtssicherheit" sein. Sicherheit und Transparenz müssten beim Umgang mit elektronischen Identitäten im digitalen Umfeld "gewährleistet" sein. Das aktuelle Projekt des elektronischen Personalausweises vom Bundesinnenministerium ist dafür allerdings kein leuchtendes Beispiel.

Interessant im Bereich "Forschung und Entwicklung für eine digitale Zukunft" ist die Hervorhebung von 3D-Techniken, die laut BMWi einen "neuen und zukunftsträchtigen Markt für innovative Produkte und Dienstleistungen" öffnen. Hier sei es vor dem Hintergrund einer eher klein- bis mittelständisch ausgerichteten deutschen Wirtschaft erforderlich, "Standortinteressen rasch zu bündeln, um die Konkurrenzfähigkeit zu stärken". Ebenfalls lapidar gehalten sind die Positionen zu "Bildung, Medienkompetenz und Integration", wo im Vordergrund steht, dass Innovation vorangetrieben und Medienkompetenz in der schulischen und außerschulischen Bildung vermittelt werden soll. Im Bereich E-Government soll bis 2015 eine "möglichst weitreichende Integration von Informations- und Meldepflichten aus unterschiedlichen Domänen" erfolgen. Im Justizbereich soll die "Einführung elektronischer Akten im Strafverfahrensrecht" vorbereitet werden.

Das Papier des BMWi zur "neuen IKT-Strategie" für Deutschland wird Grundlage des 5. Nationalen IT-Gipfels sein, der am 7. Dezember in Dresden stattfindet – und dürfte dort auf viel Kritik stoßen. So hatte unter anderem der Branchenverband Bitkom bereits im Frühjahr bemängelt, die Internetpolitik der Bundesregierung sei "unkoordiniert". Und eine koordinierte IKT-Gesamtstrategie mit klaren Zielen und definiertem Mitteleinsatz lässt sich auch in "Deutschland Digital 2015" nicht erkennen. (pmz)