Spendensammlung: 16 Millionen Dollar für Wikipedia und Co

Die Wikimedia Foundation, Betreiberin der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia, hat ihre alljährliche Spendenkampagne begonnen. Bei dem Verein Wikimedia Deutschland kam es unterdessen zum Streit um die Struktur der Organisation, die nun Gelder direkt an die US-Stiftung leiten soll.

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Von
  • Torsten Kleinz

Am heutigen Montag hat die Wikimedia Foundation, die Betreiberin der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia, ihre alljährliche Spendenkampagne begonnen. In den kommenden zwei Monaten will die Stiftung insgesamt 16 Millionen Dollar einnehmen. Bei dem Verein Wikimedia Deutschland kam es unterdessen zum Streit um die Struktur der Organisation.

"Wikipedia gehört zu den fünf beliebtesten Webseiten der Welt. Die anderen vier verschlingen Milliardensummen, sie werden betrieben von Unternehmen mit Tausenden Angestellten und mit immensem Werbeaufwand", erklärt Wikimedia- Gründer Jimmy Wales in einem persönlichen Appell, der auf allen Projektseiten eingeblendet wird. Mit den Spenden soll der Zugang zu Wikipedia kostenlos und werbefrei gehalten werden.

Oberste Priorität der Wikimedia Foundation ist laut Ausgabeplan (PDF-Datei) der Ausbau der Plattform, auf der Wikipedia und zahlreiche Schwesterprojekte betrieben werden. Alleine die Hosting-Kosten betrugen im vergangenen Jahr über eine Million Dollar, insgesamt wurden im vergangenen Geschäftsjahr 3,3 Millionen Dollar für den technischen Betrieb ausgegeben. Diese Ausgaben sollen im laufenden Geschäftsjahr auf 9,8 Millionen Dollar steigen. Das gesamte Budget beläuft sich auf 20,4 Millionen Dollar. Neben Spenden finanziert sich Wikimedia aus Projektgeldern und Lizenzeinnahmen.

Weiteres Ziel ist der Ausbau der Wikipedia-Communities. So plant die Stiftung Anfang 2011 ein Büro in Indien aufzubauen, weitere Büros sollen in Brasilien und im Nahen Osten entstehen. Diese Niederlassungen sollen Keimzellen für neue Communities bilden. Damit will die Wikimedia Foundation einem alten Widerspruch entgegen arbeiten: Zwar zählt der Wissenstransfer in Entwicklungsländer seit Jahren zu den erklärten Zielen der Stiftung, die Wikipedia floriert aber vor allem in hoch entwickelten Industrieländern. Wikipedia-Ausgaben in afrikanischen oder asiatischen Sprachen hinken in der Regel weit hinterher. Mit einem personellen Aufbau will die Wikimedia Foundation an der Lösung dieses Problems arbeiten.

Für die deutsche Wikimedia-Sektion bringt die Spendenkampagne allerhand Neuerungen mit sich. In der Vergangenheit hatte der Verein Wikimedia Deutschland wegen der deutschen Spenden-Gesetze nicht direkt Gelder an die US-Stiftung weiterleiten können, sondern beteiligte sich an Ausgaben wie einer Server-Farm in Rotterdam, um den technischen Betrieb zu unterstützen. Diese Lösung wurde von beiden Seiten nicht besonders geliebt. Um Gelder direkt an die Wikimedia Foundation leiten zu können, hat der deutsche Verein im Oktober eine gemeinnützige GmbH gegründet, die die in Deutschland eingenommenen Spendengelder zu gleichen Teilen an den deutschen Verein und die amerikanische Fourndation leiten soll. Im Gegenzug wurden die Spenden-Banner so geändert, dass nun Spender von deutschen IP-Adressen direkt auf ein Zahlformular zu Gunsten der deutschen Wikimedia geleitet werden.

Dass der Vorstand des Vereins eine so tief greifende Entscheidung ohne Information oder Rücksprache getroffen hatte, stieß bei einigen Vereinsmitgliedern auf teilweise heftigen Widerspruch . Vereinsmitglied René Schwarz rief gar öffentlich zu einem Misstrauenvotum und einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auf. "Die Ausgründung einer weiteren Körperschaft aus einem Verein ist eine wesentliche Entscheidung, die – unserer Meinung nach – nicht ohne Einbindung der Mitglieder hätte erfolgen dürfen", erklärt Schwarz gegenüber heise online.

Dem Antrag der unzufriedenen Vereinsmitglieder ist der Vorstand nun zuvorgekommen – er setzte selbst für Januar eine außerordentliche Mitgliederversammlung an, auf der eine Neugliederung der Vereinsstruktur und eine neue Satzung beraten werden soll. Einen Zusammenhang mit dem Misstrauensantrag dementierte einen Sprecherin von Wikimedia Deutschland aber. (jk)