Level 3: Comcast verletzt die Netzneutralität

Der Kabelnetz- und Backbone-Betreiber Comcast verlangt von Level 3 zusätzliche Durchleitungsgebühren, was Level 3 als Angriff auf die Netzneutralität wertet. Nach Meinung von Comcast handelt es sich aber schlicht um eine Vertragsanpassung.

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Von
  • Reiko Kaps

Der US-amerikanische Backbone-Provider Level 3 hat Details zu einem Streit beim Peering mit Comcast veröffentlicht und beklagt, dass Comcast die Prinzipien der Netzneutralität verletze. Comcast hat Level 3 am 19. November aufgefordert, eine neue, wiederkehrende Gebühr für die Übertragung von Online-Videos und anderen Inhalten zu entrichten, die von Comcast-Kunden abgerufen werden. Laut der Mitteilung will Level 3 die Forderung zwar erfüllen, aber nur unter Protest und damit niemand Verbindungsunterbrechungen befürchten müsse. "Level 3 ist der Meinung, dass Comcasts aktuelle Position nicht nur den Geist und Inhalt der unter anderem von der FCC aufgestellten Internet-Regeln verletzt, sondern auch Comcasts eigene Meinung zum offenen Internet", kommentiert Level-3-Mitarbeiter Thomas Stortz die Preiserhöhung durch Comcast.

Demgegenüber vertritt Comcast die Auffassung, dass Level 3 mit seiner Darstellung einer Vertragsverhandlung zwischen zwei Peering-Partnern unaufrichtig ist. So schreibt Joe Waz, Comcast-Vizepräsident, in einem Blog-Beitrag: "Level 3 stellt die Vertragsverhandlungen zwischen ihnen und Comcast völlig falsch dar. Der Vorgang hat nichts mit dem Anliegen von Level 3 zu tun, unterschiedliche Arten von Netzwerkverkehr respektive -inhalten anzubieten. Mit anderen Inhalteanbietern (Content Delivery Networks) haben wir seit Langem ähnliche Vereinbarungen."

Waz spielt damit auf das Geschäft zwischen der Online-Videothek Netflix und Level 3 an: Der Netzwerkbetreiber wird ab dem kommenden Jahr die Speicherung und das Streaming für Netflix übernehmen. Bislang stellte Akamai diese Dienste für Netflix bereit. Einerseits wird Level 3 durch diese Veränderung auch direkter Konkurrent von Comcast, die neben ihrem Internet-Backbone ähnliche Dienste wie Netflix für ihre Kabelkunden betreiben. Andererseits erhöht sich das Datenvolumen, das aus dem Level-3-Netz zu Comcast gelangt: Bislang bestand zwischen Comcast und Level 3 eine Peering-Vereinbarung, die darauf beruhte, dass beide Seiten ähnlich viel Netzwerkverkehr durch das jeweils andere Netz schicken. Durch das Geschäft mit Netflix wird sich jedoch das Verkehrsaufkommen voraussichtlich deutlich erhöhen – Comcast spricht von bis zu 5-mal mehr als bisher. Glaubt man US-Medien, zahlte auch Akamai an Comcast Gebühren für die Durchleitung von Netflix-Traffic, was Level 3 nun unter Berufung auf die Netzneutraltät ablehnt.

Ganz unbekannt dürfte Level 3 indes die Forderung von Comcast nicht sein: Der Netzbetreiber hatte 2005 eine ähnliche Argumentation gegenüber dem Konkurrenten Cogent vorgebracht und kurzerhand die Verbindungen zu dessen Netz unterbrochen, weil dieser entgegen der Vereinbarung wesentlich mehr IP-Traffic ins Level-3-Netz eingespeist haben soll als umgekehrt. Kunden beider Carrier waren von der Netztrennung betroffen; sie konnten Hosts im jeweils anderen Netz nicht mehr erreichen, sofern sie nicht noch Leitungen bei anderen Service-Providern eingekauft hatten. Erst nach wochenlangem Ringen einigten sich die beiden auf ein "modifiziertes" Peering-Abkommen. (rek)