ICANN unter VeriSigns Knute

VeriSign kann ab 2007 nicht nur die Preise der .net-Adressen nach Belieben erhöhen, dem Unternehmen wurde auch eine automatische Verlängerung der Laufzeit nach sechs Jahren zugesichert.

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Von
  • Monika Ermert

VeriSign kann ab 1. Januar 2007 nach Belieben die Preise der .net-Adressen erhöhen. Außerdem sicherte ihnen die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) eine automatische Verlängerung der Laufzeit nach sechs Jahren zu. Diese Vertragsgestaltung sorgte heute für heftige Debatten zwischen der ICANN-Spitze und den Registraren in Luxemburg.

Die Registrare trauten ihren Augen kaum, als sie den erst nach Vertragsschluss veröffentlichten Vertrag genauer lasen. Gleich mehrere Vertreter zeigten sich "geschockt" darüber, dass ICANN die Registrare komplett übergangen hatte, als sie VeriSign vertraglich zusicherten, dass der alte und neue .net-Betreiber ab 2007 die Preise komplett in Eigenregie festlegen kann. "Brauchen wir eine Preisregulierung für die Domainnamen? Aber sicher, denn ihr seid der Regulierer über ein natürliches und garantiertes Monopol", sagte der Rob Hall vom Registrar NameScout. VeriSign kann mit dem neuen Vertrag auch unterschiedliche Preise für verschiedene Registrare einführen. Das, so klagten viele Registrare, dürfte enorme Auswirkungen auf den Markt haben, da es große Registrare bevorzugt. Kleinere Unternehmen werden es im Wettbewerb schwerer haben, ein Konzentrationsprozess ist unabwendbar.

Ganz abgesehen von solchen Fragen aber hat ICANN mit der Unterzeichnung des Vertrages mit VeriSign nach Meinung der Registrargruppe schlicht ihre eigene Satzung verletzt. Laut ICANN-Satzung müssen Preisfragen, die mehrere Parteien betreffen, auf jeden Fall öffentlich zur Diskussion gestellt werden. ICANN hat sich selbst in eine äußerst brenzlige Situation gebracht, denn die Registrargruppe der ICANN mahnte zu Recht, dass im Vertrag auch ein Annex enthalten ist, der das vertragliche Innenverhältnis zwischen VeriSign und den Registraren regelt.

Die Gretchenfrage, ob die Registrare darauf noch Einfluss nehmen können, mussten ICANNs Vorsitzender Vint Cerf und der eigens zur Sitzung hinzugezogene Hausanwalt der ICANN, Kurt Pritz, damit beantworten, dass man auf jeden Fall auf die Kooperation von VeriSign angewiesen sei. "Verträge müssen eingehalten werden, wir können sie nicht einseitig ändern", sagte Cerf. "Genau das aber passiert uns in diesem Moment mit ICANN", sagte einer der Registrare mit Blick auf die Satzungsverletzung.

Über die Gründe für den Vertrag, der noch in weiteren Punkten VeriSign enorm viel Spielraum lässt, kann nur spekuliert werden. Neben der Aufhebung der Preisgrenze erlaubt sie VeriSign auch, neue Services einzuführen, ohne dass diese durch den Konsultationsprozess bei der ICANN geht. "Der Vertrag wird dazu führen, dass wir weniger Gerichtsverfahren haben", sagte Pritz. Das kann gut sein, denn ein Service wie Sitefinder ist auf der Basis des neuen Vertrages durchaus möglich. "Wir haben einen renommierten US-Wettbewerbsanwalt vor der Entscheidung für diesen Vertrag konsultiert und auf dieser Grundlage entschieden," sagte ICANNs CEO Paul Twomey. Dass ICANN einen derart schlechten Vertrag für sich mit VeriSign ausgehandelt hat, wecke den Verdacht, dass ICANN unter VeriSigns Knute stehe, so die Registrare. (Monika Ermert) / (pmz)