Vidyo eröffnet Resellern den Einstieg ins Videokonferenzgeschäft
Sein Vertriebsnetz in Deutschland hat Vidyo um den Distributor Comm-Tec erweitert. Als erster Grossist in Deutschland nahm die TLK Distributions GmbH Anfang des Jahres die softwaregestützten Videokonferenz-Lösungen von Vidyo in ihr Programm auf. Die softwaregestützten Produkte der Firma zielen vor allem auf kleine und mittelständische Unternehmen.
Die Videokonferenz-Lösungen von Vidyo können von PCs, aber auch Macintosh-Systemen aus genutzt werden.
(Bild: Vidyo)
Videoconferencing ist nach Einschätzung vieler Analysten eine Technologie, welche die IT-Landschaft in den kommenden Jahren in erheblichem Maße verändern wird. Die Marktforschungsgesellschaft IDC etwa geht davon aus, dass der weltweite Markt für Videokonferenzsysteme und -Services von 1,9 Milliarden Dollar (2009) bis 2014 auf 8,8 Milliarden wachsen wird. Der Umsatz mit solchen Produkten steigt je nach Region um bis zu 43 Prozent – im Vergleich zu anderen IT-Sparten wie Servern oder Netzwerkgeräten ein geradezu traumhafter Wert.
Nach Angaben der Marktforscher von Frost & Sullivan erwarten sich Unternehmen vom Einsatz von Videokonferenzen und Unified-Communications-Produkten vor allem Kosteneinsparungen (35 Prozent), weniger Dienstreisen (43 Prozent) und eine höhere Produktivität der Mitarbeiter (47 Prozent). "Ein großer Teil der Unternehmen plant die Nutzung dieser speziellen Tools auszubauen, mit 36 Prozent für den Bereich Telepräsenz und 60 Prozent bei Video-Conferencing", sagt Anna Kuberacka, Senior Research Analystin bei Frost & Sullivan. "Bei denjenigen Unternehmen, die bisher keine derartigen Anwendungen nutzen, plant der Großteil die Tools innerhalb der nächsten zwölf Monate zu implementieren, oder längerfristig, innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre."
Zu den kleineren Unternehmen, die sich im Bereich Videokonferenzlösungen etabliert haben, zählt Vidyo. Die Firma mit Sitz an der amerikanischen Ostküste ist seit Anfang des Jahres auf dem deutschen Markt aktiv, über den Distributor TLK Distributions GmbH. Nun hat Vidyo mit Comm-Tec einen weiteren Partner gewonnen, der in mehreren europäischen Ländern aktiv ist. In Spanien und Italien ist Comm-Tec mit eigenen Tochterfirmen vertreten.
Videos in HD-Qualität über "normale" IP-Netze
Eine Besonderheit der Produkte von Vidyo ist, dass sich damit auch über Verbindungen mit niedriger Bandbreite Bewegtbilder in hoher Qualität (HD, High Definition) übertragen lassen. "Vidyos patentierte Technologie ermöglicht Videokonferenzen in Telepräsenz-Qualität über gewöhnliche IP-Netze", sagt Carsten Steinecker, Geschäftsführer Business Development bei Comm-Tec. "Damit ist auch für kleine und mittelständische Unternehmen der Weg frei hin zu professionellen Multipoint-Konferenzen."
Gerade kleinere Unternehmen können Videokonferenzen mit Nutzen einsetzen, so die Erfahrung von TLK, die selbst die Vidyo-Lösung einsetzen: "Videokonferenzen haben einen deutlich höheren Informationsgehalt als Telefonkonferenzen, vor allem dann, wenn kontroverse Themen diskutiert werden", erläutert Martin Twickler, Geschäftsführer des IT-Distributors. Das Unternehmen setzt die Systeme von Vidyo ein, um die Standorte München, Münster und Berlin miteinander zu koppeln. "Ein Vorteil der Produkte ist, dass der Nutzer keinen eigenen Konferenzraum benötigt", so Twickler weiter. "Er kann sich von seinem Arbeitsplatzrechner aus mit wenigen Klicks in einen virtuellen Konferenzraum einklinken."
Basis: "Scalable Video Coding"
Wohl noch eher die Ausnahme als die Regel: Videokonferenzen lassen sich auch mit Smartphones durchführen, hier einem Mobiltelefon, das unter "Android" läuft.
(Bild: Vidyo)
Die Systeme von Vidyo verwenden "Scalable Video Coding" (SVC), eine Erweiterung des Standards H.264. Ausgehend von einer Minimalauflösung von 320 x 240 Bildpunkten, einer Bildrate von 15 Frames per Second und einer Netzwerkbandbandbreite von 360 kBit/s passt SVC die Bildqualität an die zur Verfügung stehende Bandbreite und die Technik der Endgeräte an. Dies erfolgt dynamisch, entsprechend der vorhandenen Bandbreite oder der Video- und Rechenleistung der Endgeräte. Ein Vorteil der Technik ist, dass sie ohne teure Multipoint Control Units (MCUs) auskommt, die bei den meisten Videokonferenzsystemen eingesetzt werden. Außerdem sind Mechanismen integriert, die den Ausfall von Datenpaketen kompensieren, etwa dann, wenn Leitungen von wechselhafter Qualität eingesetzt werden.
Vidyo bietet reine softwaregestützte Lösungen an, die auch Videokonferenzen über Mobilfunknetze und Smartphones ermöglichen – vorausgesetzt, der User hat bei seinem Service-Provider einen 3G-/UMTS-Datentarif gebucht. Dass sich das Unternehmen auf kleinere Unternehmen konzentriert, zeigt die Produktpalette: Sie umfasst Desktop-Lösungen für PCs und Macintosh-Rechner und kleinere Raumsysteme. "Für uns ist wichtig, dass Vidyo kostengünstige Komplettpakete, verständliche Preismodelle sowie Benutzerkomfort und Komptabilität zur Ausrüstung bietet, die beim Anwender bereits vorhanden ist", sagt Carsten Steinecker. "Mithilfe eines Gateways können Nutzer auch an Videokonferenzen teilnehmen, die über Systeme anderer Hersteller laufen", ergänzt TLK-Chef Twickler.
Kampf gegen die Großen
Interessant für den Fachhandel ist Vidyo deswegen, weil die Lösungen weder so komplex noch so teuer sind wie die der "großen" Anbieter. Zu diesen zählen unter anderem Cisco Systems und Polycom. Beide Unternehmen liefern sich derzeit ein Duell auf dem Gebiet Videokonferenz- und Telepräsenzsysteme der gehobenen Kategorie. Cisco hat diesen Kampf durch die Übernahme des norwegischen Videokonferenz-Spezialisten Tandberg angeheizt, die nach einigem Hin und Her im April dieses Jahres abgeschlossen wurde.
Auch bei Lösungen, die eher auf kleinere und mittelständische Firmen abzielen, bringen sich diverse Anbieter in Position. So kaufte Logitech in diesem Jahr die US-Firma Lifesize, die vor allem Mittelständler mit Videokonferenzlösungen beliefert. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob sich nicht auch für Vidyo ein Interessent findet.
Interessant für Fachhandel
Für den Fachhandel sind Produkte, wie sie Vidyo und Logitech-Lifesize anbieten, hoch interessant: Sie sind weniger komplex als große Videokonferenzsysteme und damit auch in puncto Installation und Wartung pflegeleichter. Das macht sie für eine breitere Zielgruppe interessant. Hinzu kommt, dass Reseller und Systemhäuser solche Systeme im Auftrag ihrer Kunden installieren und den technischen Support übernehmen können. Das erhöht die Kundenbindung und verschafft dem Fachhandel Einnahmen, die über das reine Vertreiben von Systemkomponenten hinausgehen.
Systemhäusern eröffnet sich zudem die Chance, Managed- oder Hosted-Videoconferencing-Lösungen anzubieten. Allerdings nimmt die Zahl der Anbieter und Lösungen in diesem Bereich drastisch zu. Neben den etablierten Firmen wie Cisco ("Webex") oder Polycom tummeln sich dort Telekommunikationsfirmen wie BT, NTT oder die Deutsche Telekom. Teilweise kooperieren diese "Riesen" miteinander, wie etwa die Telekom mit Cisco beim "TelePresence"-Service. Daher können Fachhändler auf diesem Feld bestenfalls als Reseller von solchen Services auftreten. (map)