IT-Gipfel: Merkel moniert langwierige Großprojekte

Die Bundeskanzlerin machte am Beispiel der elektronischen Gesundheitskarte deutlich, dass nicht alle Entwicklungen im Bereich der Informationstechnik "so lange dauern" dürften. Zudem forderte sie "Leitstraßen" für den Breitbandausbau.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine raschere Umsetzung von IT-Großprojekten in Deutschland gefordert. Nicht alle Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) dürften "so lange dauern" wie die Verbreitung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), monierte die Regierungschefin am Dienstag auf dem 5. Nationalen IT-Gipfel in Dresden. Die Politik selbst habe die Smartcard zur Gesundheitsversorgung "ein Jahr ein wenig ausgelassen", werde sie 2011 aber wieder stärker nachfragen. "Die regionalen Testwege werden langsam aber zielstrebig genutzt", zeigte sich Merkel zuversichtlich. Generell sei es erfreulich, dass sich hierzulande "mehr und mehr Menschen" mit Fragen der modernen IKT auseinandersetzten.

Den Gipfelprozess wertete die Kanzlerin im Einklang mit dem Branchenverband Bitkom als "großen Erfolg". Künftig würden die übers Jahr tagenden Arbeitsgruppen zu Schlüsselthemen gemeinsam von einem Regierungsmitglied und einem Vertreter der Wirtschaft geführt, um die IKT weiter nach vorne zu bringen und die Ziele aus der entsprechenden Strategie der Bundesregierung zu verwirklichen. Mit dem siebten Platz in einem internationalen Standortvergleich könne sich Deutschland nicht zufrieden geben. Als die größten Stärken der hiesigen Branche nannte sie "Embedded Systems": Bei der Zusammenführung von Hard-, Software und Anwendungen bestehe die große Chance, eine Spitzenposition einzunehmen.

"Sehr beeindruckt" zeigte sich Merkel von der Tatsache, dass sich die Verfügbarkeit von Breitband trotz dem knapp verfehlten Ziels für 2010 "deutlich verbessert hat". Schon in Kürze werde man bei Anschlüssen mit 1 MBit/s aber "nur verzerrte Gesichter sehen", die auf den Aufbau bandbreitenhungriger Anwendungen warteten. Es muss daher "auch danach gehen, dass der Nutzer morgen die Infrastruktur hat, die er braucht". Nötig sei eine "noch bessere Kooperation", um den Breitbandausbau und das Legen von Glasfaser voranzubringen. Merkel machte sich so für "Leitstraßen" stark, in denen die benötigte Infrastruktur für die Versorgung von Haushalten mit superschnellem Internet schon "möglichst weitgehend angelegt ist".

Die Kanzlerin schnitt in ihrer Abschlussrede noch Aspekte wie Freiheit und Sicherheit im Netz, Green IT mit Kühlhäusern als möglichen Zwischenspeichern von Strom in Spitzenproduktionszeiten oder Cloud Computing an. Zu guter Letzt verriet sie, dass der Gipfel im kommenden Jahr "von Freistaat zu Freistaat" wandern und das nächste Schulterklopfen der Branche in München stattfinden werde. Bei Oppositionspolitikern konnte die Regierungschefin mit ihrem Vortrag aber nicht punkten. "Die gezeigte Leistungsschau der deutschen IT-Wirtschaft kann nicht über die fehlenden politischen Leitlinien der Bundesregierung im Bereich Netzpolitik hinwegtäuschen", beklagte etwa Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen. Beim Datenschutz verpasse Schwarz-Gelb täglich die Chance, den Schalter endlich zu einem modernen Ansatz umzulegen. Merkel habe sich dem Thema in ihrer Rede erst gar nicht angenommen. (vbr)