Kodak verklagt Hewlett-Packard

Der Druckerhersteller HP soll bei den Angaben zu Druckkosten einiger Photosmart-Drucker mit zu niedrigen Werte operieren.

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Von
  • Tim Gerber

Erstmals geht ein Druckerhersteller gerichtlich gegen die Angaben zu den Patronenkapazitäten eines Konkurrenten vor: Kodak behauptet, dass die angegebenen Seiten-Reichweiten für die Patronen vom Typ 364 nicht mit der zu Grunde gelegten ISO-Norm in Einklang stehen, und will deshalb Konkurrent Hewlett-Packard gerichtlich untersagen lassen, diese Angaben weiter zu verwenden. Eine dahingehende Klage wurde von Kodak beim Landgericht Köln eingereicht, wie ein Gerichtssprecher gegenüber heise online bestätigte.

Kodak war relativ spät auf den Markt für Tintendrucker eingestiegen und versucht nun, durch Werbung für seine vergleichsweise niedrigen Druckkosten Marktanteile zu gewinnen. Die Druckkostenberechnung wird seit einigen Jahren auf Basis des in der ISO-Norm 24712 beschriebenen Dokuments durchgeführt. Mit diesem Dokument wird nach einem in ISO-Norm 24711 beschriebenen, recht aufwendigen Verfahren die Reichweite der Tintenpatronen ermittelt (siehe c't 7/07, S. 238).

Kodak untersucht systematisch die Produkte der Konkurrenz und will im Fall der HP-Patronen Nummer 364 fündig geworden sein. Die ermittelten Abweichungen von etwa 8 Prozent hat sich Kodak durch ein Gutachten des TÜV Rheinland bestätigen lassen. Für die Abweichungen könnte es einen recht simplen Grund geben: Um die Tests zu automatisieren, nutzen manche Labors zuvor auf einem Windows-PC durch Umleitung der Druckausgabe in eine Datei erzeugte Printer-Dateien (.prn).

Bei Patronen des Typs HP 364 sind die Reichweitenangaben umstritten.

Diese PRN-Dateien kann man dann per Copy-Befehl aus Batch-Dateien an die Druckerschnittstelle senden. Dadurch fallen aber auch vom Treiber turnusmäßig vorgenommene Spülungen des Druckkopfes weg. Nach Angaben von Kodak konnte der TÜV auf diese Weise die Abweichungen bei den HP-Patronen nachvollziehen. Mit diesem Verfahren fällt die Reichweite der HP-Patronen exakt so aus wie von HP angegeben. Allerdings ist das Verfahren nach dem ISO-Standard nur dann zulässig, wenn es nicht zu höheren Ergebnissen führt. Denn in der Praxis muss der Anwender auch die Tinte für die in einigen Abständen durchgeführten Reinigungsvorgänge bezahlen. Druckkostenberechnungen, die dies ausblenden, sind deshalb unrealistisch.

Auf außergerichtliche Verhandlungen wollte sich HP nach Angaben von Kodak nicht einlassen. Auch gegenüber heise online gibt sich der Branchenprimus zugeknüpft. Man wolle sich zu den Vorwürfen nicht äußern, teilte eine Sprecherin unter Verweis auf das laufende Verfahren mit. Da, wo HP selbst Kläger ist, etwa in Prozessen wegen vermeintlicher Patentverletzungen durch Anbieter von Alternativtinten, ist der Konzern deutlich auskunftsfreudiger.

Ein erster Verhandlungstermin ist für Anfang 2011 anberaumt. Es ist damit zu rechnen, dass das Gericht ein eigenes Gutachten in Auftrag geben wird. Beobachter sehen HP durch dieses Verfahren in einer unangenehmen Zwickmühle. Denn bislang haben die Wettbewerbshüter entgegen vollmundiger Ankündigungen aus Brüssel darauf verzichtet, den Markt für Tintenpatronen näher unter die Lupe zu nehmen. Dabei gehen sie davon aus, dass es einen Wettbewerb auf dem Druckermarkt über die Druckkosten gebe, durch den diese kontrolliert werden. Voraussetzung dafür wäre, dass die Angaben der Druckerhersteller zu den Druckkosten ihrer Geräte transparent und nachvollziehbar sein müssten. Verbraucherschützer bezweifeln dies ohnehin, die Hersteller verweisen auf die ISO-Norm.

Sollte HP die Klage von Kodak vor Gericht mit Verweis auf die ISO-Bestimmungen erfolgreich abwehren können, wäre gleichsam gerichtlich festgestellt, dass nach dieser Norm keine verlässlichen und vergleichbaren Angaben über die Reichweite von Tintenpatronen ermittelt werden können. Das aber müsste unweigerlich die Wettbewerbsbehörden auf den Plan rufen. (tig)