Neues Finanzierungsmodell für "Fiber to the Home"

Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste schlägt eine Abgabe zugunsten des flächendeckenden Glasfaser-Ausbaus vor.

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Von
  • Richard Sietmann

Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) sieht Deutschland heute von einem flächendeckenden Glasfasernetz weiter entfernt als noch vor zwei Jahren. Nicht einmal 1,2 Prozent aller Anschlüsse seien derzeit für die Zukunft der Telekommunikation gerüstet. "Der heutige Footprint von aufgerüstetem Kabel und VDSL liegt primär im Bereich der Ballungsgebiete", erklärt WIK-Geschäftsführer Karl Heinz Neumann. "Im ländlichen Raum sind Projekte dieser Art aufgrund der Kostensituation fast überhaupt nicht zu finden".

Schlimmer noch: Nicht einmal für die 30 bis 50 Prozent der Haushalte, die für einen profitablen FTTH-Anschluss in Frage kämen, seien heute Investitionsabsichten erkennbar. Neumann zufolge greift deshalb der nachfrageorientierte Ansatz beim Aufbau der neuen Infrastruktur zu kurz. Wenn es nicht gelänge, alternative Kostendeckungsmodelle zu finden, werde es kein flächendeckendes Glasfasernetz in Deutschland geben. Auch die Ausweitung des klassischen Universaldienstkonzepts auf die Bereitstellung von Glasfaseranschlüssen werde das Problem nicht lösen können.

Der Begriff 'Universaldienst' bezieht sich auf ein bestimmtes Mindestangebot an TK-Diensten, zu denen alle Verbraucher unabhängig von ihrem Wohn- und Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen. Der Umfang dieser Grundversorgung ist in den Paragraphen 78ff des Telekommunikationsgesetzes (TKG) geregelt; derzeit gehören dazu unter anderem der Sprachtelefoniedienst mit ISDN-Leistungsmerkmalen sowie ein schmalbandiger Internetzugang, ausserdem Auskunftsdienste, Teilnehmerverzeichnisse sowie die flächendeckende Bereitstellung öffentlicher Münz- und Kartentelefone. Zur Finanzierung dieser 'Restversorgung' können alle TK-Anbieter mit einer Universaldienstabgabe herangezogen werden.

Doch zur Finanzierung einer gänzlich neuen Infrastruktur ist das bisher eher auf die Nachsorge gerichtete Instrument des Universaldienstes nach Ansicht des Bonner Instituts nicht geeignet. Zum einen gäbe es keinen natürlichen Adressaten für eine solche Verpflichtung, zum anderen wäre die Umsetzung des Anspruchs einzelner Nutzer auf einen Glasfaseranschluss nur zu prohibitiv hohen Kosten möglich. Zudem reiche auch der Finanzierungsansatz des Universaldienstkonzepts nicht aus, um das Flächendeckungsproblem zu lösen, meint Neumann. "Selbst wenn man alle erzielbaren Gewinne in den kostengünstig auszubauenden Gebieten im Zuge einer Quersubventionierung in den Glasfaserausbau steckte, würde sich das auf den Ausbau des Netzes nur geringfügig auswirken".

Das WIK als Denkfabrik der Bundesnetzagentur schlägt daher die Einführung einer Universaldienst-Pauschale vor, die dem Umstand Rechnung trägt, dass Glasfasernetze erst errichtet werden müssen und dass dies, so Neumann, "ohne einen besonderen Beitrag aller Nutzer für den ländlichen Raum nicht realisierbar ist". Den Vorstellungen des WIK zufolge könnte eine monatliche Abgabe von einem Euro für jeden Mobilfunk- und Festnetzanschluss Mittel in Höhe von 1,8 Milliarden Euro jährlich mobilisieren. Diese könnten in einen Universaldienstfonds fließen, der Investitionskostenzuschüsse für den Glasfaserausbau in nicht profitablen Regionen leistet. Über die Vergabe von Universaldienst-Lizenzen müsste wettbewerblich geregelt werden, wer in welchen Gebieten ausbauen und anbieten kann.

Mit diesem Hebel, so das WIK, ließen sich über einen Zeitraum von fünf Jahren Investitionen in Höhe von knapp 40 Milliarden Euro anstoßen – das ist in etwa die Summe, auf die der flächendeckende Glasfaser-Ausbau in der Bundesrepublik geschätzt wird. (vbr)