Bundesgerichtshof verbietet Klingelton-Reklame in Jugendmagazinen

Werbung für teure Klingeltöne in Magazinen wie "Bravo Girl" ist laut Bundesgerichtshof wettbewerbswidrig, da sie die Unerfahrenheit von Kids und Jugendlichen ausnutzt, die die finanziellen Folgen nicht bewerten können.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Werbung für teure Handy-Klingeltöne in Kinder- und Jugendzeitschriften wie "Bravo Girl" wettbewerbswidrig und damit verboten ist. Der BGH begründet seine heute bekannt gegebene Entscheidung damit, dass ein Anbieter von Klingeltönen die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzt, wenn er in solchen Anzeigen lediglich darauf hinweist, dass der Download über eine 0190-Rufnummer 1,86 Euro pro Minute kostet. Gegen diese Anzeigen hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geklagt, mit der Begründung, dass ein fehlender Hinweis auf die durchschnittliche Dauer des Herunterladens und die dadurch entstehenden Kosten die Unerfahrenheit der Jugendlichen in unlauterer Weise ausnutzt.

Das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht hatten der Unterlassungsklage des vzbv stattgegeben. Die Revision des Anbieters bleibt mit dem heutigen Urteil (I ZR 125/03) des I. Zivilsenats des BGH ohne Erfolg. Werbung, die gegenüber einem volljährigen Publikum noch zulässig ist, kann gegenüber geschäftlich Unerfahrenen unzulässig sein, urteilte der Senat. Voraussetzung für den Schutz sei, dass sich die Werbung – "zumindest auch" – gezielt an Kinder oder Jugendliche richte. Daher hat das BGH-Urteil keine Auswirkungen auf Klingelton-Werbung, die sich gezielt an Erwachsene richtet. Der BGH stellte nämlich zugleich klar, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen.

Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung angepriesene Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die vom vzbv angegriffene Werbung nicht gerecht, da darin die Kosten nicht überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht bekommen, dass der Verbraucher die tatsächlichen Kosten erst aus der späteren Telefonrechnung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt an Minderjährige gerichtete Werbung für Handy-Klingeltöne, in der nur der Minutenpreis angegeben wird, grundsätzlich wettbewerbswidrig.

Spannend ist die Frage, wie sich das heutige Urteil auf TV-Werbung für Klingeltöne auswirken wird, die in Sendungen läuft, die sich an Minderjährige richten. Das kostenträchtige Gedudel ist seit Längerem im Visier von Jugendschützern und Verbraucherverbänden. Auch Politiker entdecken die "Schuldenfalle Handy" mit einiger Regelmäßigkeit als Thema, so zuletzt die SPD, die die Discount-Anbieter aufforderte, Sperrmöglichkeiten für teure Premium-Dienste zu schaffen. In Großbritannien soll TV-Werbung für Klingeltöne in die Abendstunden verbannt werden – ob Minderjährige durch diese Maßnahme weniger beeinflusst werden, erscheint fraglich. (ssu)