Industrieländer arbeiten weiter an Harmonisierung des Patentrechts

Wie angekündigt arbeiten die Industrieländer auch außerhalb der WIPO weiter an der globalen Harmonisierung des Patentrechts. Eine britische Arbeitsgruppe hat jetzt einen neuen Entwurf vorgelegt.

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Von
  • Monika Ermert

Die Industrieländer der so genannten B+ Gruppe bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) wollen nicht auf eine Harmonisierung des Patentrechts auf internationaler Ebene verzichten. Bei der WIPO-Generalversammlung im September war die Harmonisierung am Widerstand der Entwicklungsländer gescheitert. Die Generalversammlung legte die Arbeit an einem "Substantive Patent Law Treaty" (SPLT) – selbst in abgespeckter Form – daher für das kommende Jahr offiziell auf Eis. Dennoch haben britische Patent-Experten jetzt für ein Treffen der B+ Gruppe Mitte November ein Papier (Word-Dokument) vorgelegt, das gemeinsame Mindeststandards in den Bereichen Erfindungshöhe, Neuheit, Stand der Technik und Neuheitenschonfrist vorschlägt.

Das britische Patentamt teilte auf Anfrage von heise online mit, man habe das Papier aufgrund eines Vorschlags der Vertreterin des dänischen Patentamts und Vorsitzenden der B+ Gruppe ausgearbeitet. Die Industrieländer hatten bereits nach der Schlappe bei der Generalversammlung angekündigt, die Arbeit außerhalb der WIPO fortsetzen zu wollen. Das britische Patentamt wollte zum weiteren Verfahren keine Stellung nehmen – etwa zu der Frage, ob das Papier bei der WIPO wieder auf die Agenda gesetzt werden soll. Das Königreich müsse die eigenen Patentgesetze anpassen, wenn man sich auf den Vorschlag in der vorliegenden Form einige.

Anpassen müsste laut dem vom Fachblatt Intellectual Property Watch veröffentlichten Vorschlag unter anderem auch die USA ihr Patentrecht. Denn anders als in den EU-Ländern gilt in den USA das Prinzip, nach dem der Zeitpunkt der Erfindung ("first-to-invent") Vorrang vor dem Datum der Anmeldung ("first-to-file") hat. In den USA steht eine Reform des Patentrechts derzeit an. Dabei hoffen viele WIPO-Mitgliedsländer auch auf strengere Bestimmungen bei der "Erfindungshöhe", die auch ein Thema in dem von der B+ Gruppe diskutierten Vorschlag sind.

Gleichzeitig sieht der Entwurf eine zwölfmonatige Schonfrist für Neuheiten vor, die etwa Wissenschaftlern zu Gute kommen soll, die erst nach dem Abschluss von Experimenten ihre Patentanmeldung starten. Die Schonfrist, die es in knapp vierzig Ländern weltweit bereits gibt – darunter die USA und Japan ndash;, bietet einen gewissen Hebel gegen eine strikte Auslegung des "first-to-file"-Prinzips.

Gestärkt und in ein festgeschriebenes Verfahren gefasst werden sollen auch frühere Rechte Dritter. "Jeder, der guten Glaubens etwas für sein Unternehmen oder Geschäft einsetzt, für das später ein Patent angemeldet wird, oder der auch nur Vorbereitungen zum Gebrauch gemacht hat, soll das Recht haben, die angemeldete Erfindung auch weiterhin für sein Unternehmen oder Geschäft zu nutzten, beziehungsweise das beantragte Patent zu nutzen, wenn er Vorbereitungen für seinen Nutzen getroffen hatte", heißt es dazu in dem Papier. Ausschließen können nationale Gesetzgeber dabei den Nutzer, der mit dem Erfinder direkt in Verbindung steht, also sein Wissen von diesem bezieht.

Die Entwicklungsländer hatten in den Diskussionen bei der WIPO immer wieder beklagt, dass im Rahmen einer Harmonisierung auch die Behandlung traditionellen Wissens oder der wettbewerbsfeindliche Einsatz von Patenten geklärt werden müsse. Eine Harmonisierung nur in Teilbereichen lehnten sie ab. Auch eine Reihe von Wissenschaftlern warnten im Rahmen der WIPO-Debatte vor möglichen negativen Effekten durch eine Harmonisierung des Patentrechts. (Monika Ermert) / (vbr)