Bayern plant Ausweitung des Handy-Verbots an Schulen

Das bayerische Kultusministerium will das geplante Handy-Nutzungsverbot auf Geräte wie MP3-Player, Walkman und Discman ausweiten; das Verbot werde so allgemein formuliert, dass auch künftige technische Entwicklungen abgedeckt würden.

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  • dpa

Das bayerische Kultusministerium will das geplante Handy-Nutzungsverbot auf Geräte wie MP3-Player, Walkman und Discman ausweiten. Die Neuregelung solle in das bayerische Erziehungs- und Unterrichts-Gesetz (BayEUG) aufgenommen werden, sagte am Freitag ein Ministeriumssprecher und bestätigte entsprechende Medienberichte. Das Verbot digitaler Speichermedien an bayerischen Schulen werde so allgemein formuliert, dass auch künftige technische Entwicklungen mit dem Gesetz abgedeckt würden.

Die geplante Ausweitung des Nutzungsverbots stieß unterdessen auf scharfe Kritik. Der SPD-Bildungsexperte und Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann sagte am Freitag, Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) habe "wirklich jedes Augenmaß verloren". Auch der Deutsche Lehrerverband kritisierte das geplante Totalverbot digitaler Medien als reinen Aktionismus des Kultusministers. "Ein MP3-Player ist zwei mal fünf Zentimeter groß", betonte Lehrerverbands-Vorsitzender Josef Kraus und fragte: "Sollen wir demnächst Leibesvisitationen machen oder Metalldetektoren einsetzen?"

Der SPD-Politiker Pfaffmann sagte, Minister Schneider sei offenbar noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. "Musikgeräte und Mobiltelefone sind mittlerweile Gegenstände des alltäglichen Lebens, auch der Schülerinnen und Schüler", betonte Pfaffmann. Die geplanten Verbote seien unrealistisch, unpädagogisch und unsinnig. "Es geht darum, wie man mit diesen Geräten vernünftig umgeht - und das muss Ziel einer pädagogischen Arbeit sein."

Heftige Kritik äußerten auch die Grünen. Die bildungspolitische Sprecherin Simone Tolle nannte die geplante Neuregelung eine "unerträgliche Verbieteritis". Für den Umgang mit Mobiltelefonen oder Musikgeräten bräuchte es keinen "Zentralerlass aus München", das Kultusministerium stelle sich damit ein "pädagogisches Armutszeugnis" aus. Die bayerische FDP-Landesvorsitzende, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sagte: "Das war zu befürchten: Die bayerische Gesetzgebung wird also jetzt dem technischen Fortschritt angepasst, und zwar jeweils mit Verboten neuer Geräte. Das ist aberwitzig, weil es die Lebenswirklichkeit junger Menschen völlig ignoriert."

Lehrerverbandsvorsitzender Kraus sagte dem Bayerischen Rundfunk (BR), während des Unterrichts sei die Benutzung solcher Geräte ohnehin verboten. Außerhalb des Unterrichts wie auf dem Pausenhof, in den Toiletten und in den Gängen sei ein Verbot nicht zu kontrollieren. "Für mich gilt der pädagogische Grundsatz: Wenn ich ein Verbot nicht durchsetzen kann (...), dann sollte ich ein Verbot gar nicht aussprechen – sonst mache ich mich lächerlich", sagte Kraus im Bayern2Radio.

"Lehrer sind keine Security-Beamten oder Multimedia-Sheriffs", sagte der Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Albin Dannhäuser. Die Politik sollte nicht versuchen, auf alle Probleme mit Gesetzen zu reagieren.

Wenig Verständnis zeigte auch der Bayerische Philologenverband (BPV). Verbandssprecher Hergen Kicker warnte vor einer "Symbolpolitik, die nicht die Ursachen bekämpft". Man wälze mit dem Verbot die Verantwortung auf die Lehrer ab. Außerdem dürfe das Verbot nicht im Widerspruch zur Medienerziehung an den Schulen stehen, sagte Kicker. Viele Schüler nutzten moderne Medien zur Vorbereitung ihrer Referate. Die Sprecherin der Landes-Eltern- Vereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV) betonte, gegen Missbrauch helfe nur Aufklärung und kein Verbot. (dpa) / (jk)