Clooneys Satellitenwache: Ruhe vor dem Sturm?

Noch ist auf den Satellitenbildern vom Südsudan alles ruhig. Doch das bevorstehende Referendum droht einen jahrzehntelangen Konflikt neu zu entfachen. Dieses Mal würde alle Welt direkt zusehen – dank einer Initiative von George Clooney.

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Von
  • Gisela Ostwald
  • dpa

Wenn knapp vier Millionen Südsudanesen in den nächsten Tagen zur Wahlurne gehen, wacht "Big Brother" über sie. Derweil hält die Welt den Atem an: Wird der Volksentscheid über die Teilung des Landes den blutigen Konflikt zwischen dem arabischen Norden und dem schwarzafrikanischen Süden des Sudans neu entfachen? Noch herrscht Ruhe im größten afrikanischen Land. Das zeigen erste Satellitenaufnahmen, die seit Donnerstagnachmittag im Internet zu sehen sind. Sie sind einer Initiative des US-Filmschauspielers George Clooney zu verdanken.

Clooney und sein Mitstreiter, der Menschenrechtsexperte John Prendergast, gewannen die UN-Agentur UNOSAT, Google und Harvard für die Aktion. Ihr "Satellite Sentinel Project" überwacht den Südsudan und den Grenzbereich zum Norden jetzt aus knapp 500 Kilometern Höhe. Sollten sich Truppen aus Khartum in Marsch setzen, Militärflugzeuge das Gebiet überfliegen oder die Volksstämme im Süden aufeinander losgehen, würde alle Welt zu Augenzeugen.

Die Satellitenaufnahmen von bedrohlichen Entwicklungen wären gut 24 Stunden später auf der Internetseite von UNOSAT zu sehen und bald darauf auch beim "Satellite Sentinel Project". Experten der Harvard Universität haben sich bereit erklärt, die Lage zu analysieren und ihren Bericht den Bildern zuzufügen. Voraussetzung, die Aufnahmen im Netz aufzurufen und auf Fahrzeuge, Flieger und Menschenmengen zu zoomen, ist die Installation des Programms Google Earth, sagte Lars Bromley von UNOSAT-UNITAR in Genf der dpa.

"Wir sind die Anti-Genozid-Paparazzi", hatte Clooney dem Nachrichtenmagazin Time kürzlich in einem Interview erklärt. "Wir schenken ihnen die Aufmerksamkeit, mit der ich als Promi gewöhnlich leben muss. Wer weiß, dass sein Handeln überwacht wird, verhält sich meist anders als wenn er unbeobachtet in einem Vakuum vorgeht". Aber selbst, wenn die "Spione" am Himmel neue Gräueltaten im Süden des Sudans nicht verhindern könnten, würden sie die Angreifer entlarven und ihre Anklage vor Gericht ermöglichen.

"Dies ist wohl das erste Mal, dass wir in einer Region aktiv werden, bevor es überhaupt zum Konflikt gekommen ist", bestätigte Bromley der dpa. Die Vereinten Nationen werfen ihr Auge seit etwa zehn Jahren auf Krisengebiete, bisher aber nie proaktiv, sondern jeweils nur nach einer Naturkatastrophe oder dem Ausbruch von Gewalt, laut Bromley in Sri Lanka, Kurdistan und im russisch-georgischen Konflikt.

Satellitenbilder sind teuer. Weitflächige Aufnahmen können nach Angaben von Bromley, der die Bilder für UNOSAT und Clooneys Projekt untersucht, bis zu 70.000 Dollar kosten. Der Filmstar hat über die Menschenrechtsorganisation Not On Our Watch (in etwa: Nicht unter unseren Augen) bisher 750.000 Dollar (570.000 Euro) gesammelt, um das Sudan-Projekt zu finanzieren. Mitbegründer der Organisation sind unter anderen Matt Damon, Brad Pitt, Don Cheadle, David Pressman und Jerry Weintraub.

"Das Geld wird eine ganze Weile reichen", sagt Bromley zuversichtlich, "zumal uns auch die Satellitenfirmen unterstützen". Clooney engagiert sich schon seit Jahren persönlich im Sudan, bisher vor allem, um die Not der Menschen in der Krisenregion Darfur zu lindern.

Wegen des Urnengangs am kommenden Sonntag (9. Januar) ist der öl- und rohstoffreiche Süden des Landes zu seinem Sorgenkind geworden. Das Referendum, Teil des Friedensabkommens von 2005 zur Beendigung eines der längsten Bürgerkriege Afrikas, wird von der Furcht vor Übergriffen aus dem Norden und ethnischer Gewalt zwischen den rivalisierenden Volksgruppen des Südens überschattet. An seinem Ausgang gibt es kaum Zweifel. Nach einer in der Sudan Tribune veröffentlichten Umfrage wollen 97 Prozent der registrierten Wähler für einen eigenen Staat stimmen. (anw)