Studie: Die Deutschen sind zu wenig risikobereit und innovationsoffen

Der Standort Deutschland erhält im aktuellen "Innovationsindikator" erneut im Vergleich zu anderen Industrieländern nur ein mittelmäßiges Zeugnis.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 574 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Nach dem dieses Jahr zum zweiten Mal vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) veröffentlichten Studie Innovationsindikator Deutschland, die im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie erstellt wird, kommt Deutschland in einer Gruppe von 17 weltweit führenden Industrieländern nur auf Platz sieben. Letztes Jahr lag Deutschland auf Platz sechs, allerdings wurden damals nur 13 Länder verglichen. Das Ranking will die "Fähigkeit der Menschen und Unternehmen" erfassen, "in Deutschland Innovationen hervorzubringen, d.h. neues Wissen zu schaffen und dieses in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen".

An der Spitze im Ranking stehen erneut die USA, gefolgt von Finnland, Schweden und Dänemark. Die Schweiz, die neu in die Bewertung aufgenommen wurde, kommt auf Platz fünf, vor Deutschland, dem leichte Forschritte seit letztem Jahr zugebilligt werden, liegt weiterhin Japan. Großbritannien, Kanada und die Niederlande folgen auf Deutschland, das Schlusslicht bilden Spanien und Italien.

Das Ranking basiert auf Vergleichen bei den "Innovationsakteuren" Bürger, Unternehmen und Staat sowie bei den Rahmenbedingungen Bildung, Forschung und Entwicklung, Umsetzung, Finanzierung, Vernetzung der Innovationsakteure, innovationsfördernde Nachfrage sowie Wettbewerb und Regulierung.

Deutschland punktet vor allem bei der lokalen, nationalen und internationalen Umsetzung von Innovationen für den Markt, was den "Erfolg deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten mit technologieintensiven, innovativen Produkten" bewirkt habe. Auch was die Vernetzung der Innovationsakteure betrifft, erreicht Deutschland eine überdurchschnittliche Bewertung. Als gut werden zudem die Forschungsinfrastruktur und die Zahl der Patentanträge bewertet. Als Probleme gelten die mangelnde Finanzierung von Innovationen, eine geringe Gründungsaktivität aufgrund ungünstiger Regulierungen, was den "Innovationsakteur" Staat beeinträchtigt, und die Unternehmen, die nur eine durchschnittliche Innovationskultur entwickelt haben. Als größte Schwäche gilt das Bildungssystem, das etwa im Hinblick auf Finanzierung, Anzahl der Absolventen mit tertiärer Bildung, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Qualität als unterdurchschnittlich beurteilt wird.

Der Bericht testiert vor allem auch den Bürgern eine geringe Innovationsoffenheit. Zwar hätten Technik und Wissenschaft ein gutes Ansehen und stünden die Menschen der Forschung meist optimistisch gegenüber, weil sie sich von ihr Fortschritte erhoffen. Es gebe aber, wie auch in anderen hoch entwickelten Ländern, Vorbehalte gegenüber bestimmten Zukunftstechnologien, vor allem gegenüber der Nanotechnologie und der grünen Biotechnologie. Das Urteil fällt dennoch ziemlich harsch aus: "Gravierende Nachteile hat Deutschland auch bei den innovationsrelevanten Verhaltensweisen und Einstellungen der Bevölkerung. Die Bürger haben im internationalen Vergleich eine geringe Bereitschaft zur Übernahme von unternehmerischem Risiko und die Gründungsaktivitäten sind besonders schwach . .. Auch das Vertrauen der Bürger in die Innovationsakteure Forscher, Unternehmen und Politik ist im Ländervergleich nicht sehr hoch."

Nicht zuletzt schneidet Deutschland auch deswegen insgesamt nur mittelmäßig ab, weil es zu starke Vorbehalte gegenüber der Erwerbsbeteiligung von Frauen gebe und zu wenig Frauen an Forschung und Innovation beteiligt seien.

Siehe dazu auch: Innovatives Eigentor. (fr)