Heise dokumentiert Rechtsstreit mit der Musikindustrie

In der kommenden Woche findet am Oberlandesgericht München die mündliche Verhandlung im Fall Heise versus Musikindustrie statt. heise online dokumentiert den bisherigen Verlauf des Verfahrens anhand der Originalschriftsätze.

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Von
  • Holger Bleich

In der kommenden Woche findet am Oberlandesgericht München die mündliche Verhandlung im Fall Heise versus Musikindustrie statt. Dem Berufungsverfahren kommt nach Ansicht beider Parteien Mustercharakter zu. Deshalb hat heise online den Verlauf der Ereignisse auf einer Sonder-Webseite "Heise versus Musikindustrie" dokumentiert.

Im Januar 2005 hatte heise online in einem News-Artikel über das Programm AnyDVD berichtet. Dieses Tool des Herstellers Slysoft soll nach dessen Angaben in der Lage sein, nicht nur den CSS-Schutz von DVDs zu entfernen, sondern auch drei weitere Kopiersperren für DVDs auszuhebeln. Im Artikel befand sich ein Hyperlink zur Homepage des Software-Herstellers.

Unter Berufung auf Paragraf 95a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) gingen acht Unternehmen aus der Musikindustrie daraufhin juristisch gegen den Heise Zeitschriften Verlag vor. Die Vorschrift verbietet unter anderem Herstellung, Einfuhr, Verbreitung, Verkauf, Vermietung und Bewerbung "Vorrichtungen zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen". Nach Ansicht der Musikindustrie liegt ein Verstoß gegen diesen Paragrafen bereits in dem Setzen eines Links auf die Eingangsseite der Online-Präsenz eines Herstellers von Kopiersoftware. Weiterhin wird dem Heise-Verlag vorgeworfen, in der betreffenden Meldung eine "Anleitung zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen" geliefert zu haben. Außerdem sei der Beitrag sogar als "verbotene Werbung" für den Verkauf der Software zu bewerten.

Der Heise Zeitschriften Verlag hingegen sieht in dem Vorgehen der Musikindustrie einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die verfassungsmäßig garantierte Pressefreiheit. Außerdem seien die Argumente der Musikindustrie nicht nachzuvollziehen: "Der Artikel enthält weder eine Anleitung noch Werbung, es wird im Gegenteil ausdrücklich auf die schwierige Rechtslage hingewiesen. Einen Link auf die Webpräsenz des Herstellers zu setzen, ist in der Online-Berichterstattung eine Selbstverständlichkeit und angesichts der Tatsache, dass unsere Leserinnen und Leser Internetsuchmaschinen kennen und bedienen können, ohnehin belanglos", kommentierte der Chefredakteur von heise online, Christian Persson, bereits Ende Januar.

Nachdem das Landgericht München 1 im März 2005 entschieden hatte, dass die Berichterstattung in dem Artikel rechtlich zulässig ist, der Link aber entfernt werden muss, haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Hinblick auf die Pressefreiheit will der Verlag erreichen, die Entscheidung bezüglich des Links aufheben zu lassen. EMI, Sony, Universal & Co. versuchen dagegen in der zweiten Instanz, die Veröffentlichung des Artikels verbieten zu lassen. Am 28. Juli um 11.45 Uhr findet in Saal E.06 des Oberlandesgerichts München die Berufungsverhandlung statt.

Auf der Dokumentationsseite zum Verfahren hat heise online alle Schriftstücke, die bisher von den Rechtsanwälten beider Parteien vor Gericht eingereicht wurden, zusammengetragen -- sie wurden von den beiden beteiligten Kanzleien freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Die Schriftsätze stehen als PDF-Dateien bereit; die Schwärzungen und Unkenntlichmachungen bei Adressen sowie URLs in den Dokumenten erfolgten durch den Heise Zeitschriften Verlag. Durch die Dokumentation möchte der Verlag interessierten Lesern ermöglichen, die komplexe Rechtslage und die Argumente beider Seiten nachzuvollziehen.

Die Dokumentation zur juristischen Auseinandersetzung zwischen dem Heise Zeitschriften Verlag und Firmen der Musikindustrie findet sich auf einer eigenen Webseite: (hob)