Computerpionier Alan Kay muss HP verlassen

Der Turing-Preisträger Kay, der seit Ende 2002 bei HP forschend tätig ist, wird laut Medienberichten einer der Leidtragenden der massiven Kosteneinsparungen bei dem Computerkonzern sein.

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Von den massiven Einsparungen bei Hewlett-Packard werden auch die HP Laboratories betroffen sein. Ein Leidtragender ist laut einer E-Mail des HP-Labs-Direktors Dick Lampman, die die San Jose Mercury News zitieren, der 65-jährige Computerpionier Alan Curtis Kay. Er verlässt zusammen mit vier anderen Verantwortlichen das Unternehmen. Insgesamt sollen 70 der weltweit 700 Stellen in den HP Laboratories gestrichen werden. Kay war für das Projekt Advanced Software Research verantwortlich. Die anderen Projekte, die beendet werden, sind das Cambridge Research Laboratory, das sich mit Gesundheitstechnologie befasst, das Consumer Applications and Systems Laboratory und das Emerging Technologies Laboratory.

Kay hatte Ende 2002 bei HP angeheuert. Der frühere Xerox-PARC-Wissenschaftler gilt in der Computerforschung als Universalgenie und hat schon früh Grundlagen für grafische Benutzeroberflächen mit Fenstern und objektorientierte Programmiersprachen geschaffen. Bis 2001 hatte Kay fünf Jahre lang ein Softwareteam bei Walt Disney Imagineering geleitet, das sich mit Mensch-Computer-Interaktion befasst. Zuvor war Kay bei Apple und Atari tätig.

2003 bekam Kay für die Entwicklung der Programmiersprache Smalltalk und des Systems des objektorientierten Programmierens den Turing Award der Association for Computing Machinery (ACM), der als Nobelpreis in der Computerbranche gilt. Bald darauf wurde Kay auch mit dem Kyoto-Preis in der Kategorie Hochtechnologie ausgezeichnet, weil er maßgeblich zur Entwicklung des PC beitrug und auch am Aufbau des ARPANet, dem Vorgänger des heutigen Internet, beteiligt war. Im Jahre 1969 skizzierte er mit seinem Dynabook die heutigen Laptops. Schon in den Siebzigerjahren versuchte Kay, Kinder an Computer heranzuführen.

In einem Interview mit c't (16/2001, S. 178, erhältlich im heise-online-Kiosk) meinte Kay, die Computer-Revolution habe noch gar nicht stattgefunden: "Wahrhaftes Beherrschen des Computers bedeutet, wichtige Ideen auf eine neue Art zum Ausdruck zu bringen. Das heißt, moderne Mathematik zu benutzen, um komplizierte, nichtlineare Vorgänge zu erfassen. Es wird wohl noch 50 Jahre dauern, bis wenigstens ein signifikanter Teil der Bevölkerung dazu in der Lage sein wird -- vielleicht auch länger." Dazu zog Kay eine Analogie zur Druckerpresse heran. "Auch in diesem Fall hat sich die Revolution erst ereignet, als ein ausreichender Teil der Bevölkerung die neuen Wege des Gedankenaustauschs beherrschte. Das geschah erst im 17. Jahrhundert -- es vergingen also 150 Jahre, bis die eigentliche Revolution stattfand."

Vor kurzem war bekannt geworden, dass der Computerkonzern HP weltweit 14.500 Stellen streichen will. Die damit anvisierten Kostensenkungen, die laut HP bis zu 1 Milliarde US-Dollar im Geschäftsjahr 2006 erbringen sollen, werden sich voraussichtlich auch auf Stellen in Deutschland auswirken. (anw)