Website will Nichtwählern eine Stimme geben

Nach der gestern von Bundespräsident Horst Köhler verkündeten Entscheidung, den 15. Bundestag aufzulösen, können jetzt potenzielle Nichtwähler auf ich-gehe-nicht-hin.de ihre Motive darlegen.

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Die Grimmepreis-gekrönten Betreiber der Website politik-digital.de wollen Bürgern, die zur kommenden Bundestagswahl am 18. September 2005 nicht wählen gehen wollen, ein Forum bieten. Deshalb haben sie das Wahlkampf-Projekt www.ich-gehe-nicht-hin.de in die Welt gesetzt. Dort können die potenziellen Nichtwähler die Gründe für ihre Absicht darlegen, andere darauf mit Kommentaren reagieren.

Vor drei Jahren hätten 20 Prozent des Wählervolks vom Stimmrecht kein Gebrauch gemacht, erläutert politik-digital.de. Es sei besser, erklären zu können, anstatt gar keine Stimme zu haben. Hinter der individuellen Entscheidung, nicht an der Wahl teilzunehmen, vermuten die Initiatoren des Projekts "handfeste und gute Gründe". Diese gelte es wahrzunehmen, da sie in der normalen Medienberichterstattung keine starke Berücksichtigung finden würden.

Das deutschsprachige Projekt www.ich-gehe-nicht-hin.de lehnt sich an das Projekt notapathetic.com der britischen Organisation mysociety.org an. Dieses sei im britischen Wahlkampf 2005 von mehreren tausend Menschen aus ganz England genutzt worden. Die Website www.politik-digital.de wird vom Berliner Verein für eine demokratische und digitale Entwicklung der europäischen Informationsgesellschaft pol-di.net betrieben.

Bundespräsident Horst Köhler verkündete gestern in mehreren deutschen Fernsehsendern seine Entscheidung, den 15. Deutschen Bundestag aufzulösen und Neuwahlen für den 18. September anzusetzen. "Unser Land steht vor gewaltigen Aufgaben. Unsere Zukunft und die unserer Kinder stehen auf dem Spiel. Millionen von Menschen sind arbeitslos, viele seit Jahren. Die Haushalte des Bundes und der Länder sind in einer nie da gewesenen, kritischen Lage. Die bestehende föderale Ordnung ist überholt. Wir haben zu wenig Kinder, und wir werden immer älter. Und wir müssen uns im weltweiten, scharfen Wettbewerb behaupten", sagte das deutsche Staatsoberhaupt unter anderem zur Begründung.

"In dieser ernsten Situation braucht unser Land eine Regierung, die ihre Ziele mit Stetigkeit und mit Nachdruck verfolgen kann. Dabei ist die Bundesregierung auf die Unterstützung durch eine verlässliche, handlungsfähige Mehrheit im Bundestag angewiesen", sagte Köhler weiter. Die Bundestagsabgeordneten Jelena Hoffmann (SPD) und Werner Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) wollen gegen Köhlers Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, weil sie in der Vertrauensfrage von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 1. Juli ein Täuschungsmanöver sehen. (anw)