EU-Kommission: Deutsche Firmen müssen "Beihilfe" zurückzahlen

Das ist bitter: Eine Klausel im deutschen Unternehmenssteuerrecht bot strauchelnden Firmen einen kleinen Steuervorteil. Der wird nun von der EU-Kommission gekippt. Und die angeschlagenen Firmen müssen kräftig nachzahlen.

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Von
  • Marzena Sicking

Auf einige ohnehin finanziell angeschlagene Firmen wartet eine böse Überraschung: Die EU-Kommission hat einen Steuervorteil für strauchelnde Unternehmen in Deutschland als nicht zugelassene Beihilfe eingestuft. Das bedeutet: Die deutschen Steuerbehörden müssen diese nun zurückfordern!

Betroffen sind alle Firmen, die von der sogenannten Sanierungsklausel Gebrauch gemacht haben. Diese Klausel im deutschen Unternehmenssteuerungsrecht ermöglicht es wirtschaftlich schlecht dastehenden Unternehmen trotz Eigentümerwechsels Verluste gegen zukünftige Gewinne zu verrechnen. Die Kommission stufte diese Regelung nun als staatliche Beihilfe ein. Die Klausel verschaffe nur angeschlagenen Unternehmen – und möglicherweise ihren Käufern – einen klaren finanziellen Vorteil. Andere Unternehmen hätten dagegen keine generelle Möglichkeit der Verlustverrechnung, sobald ein maßgeblicher Wechsel in der Eigentümerstruktur vollzogen wird, heisst es in der offiziellen Begründung.

"Die Sanierungsklausel ist gleichbedeutend mit einer finanziellen Unterstützung von Unternehmen in Schwierigkeiten, da der Staat auf Steuereinnahmen verzichtet, die sonst den betroffenen Unternehmen oder ihren neuen Eigentümern fällig gestellt worden wären", sagte Joaquín Almunia, der für Wettbewerb zuständige Kommissions-Vizepräsident. "Wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist und der Staat seine Rettung als nationales Interesse ansieht, soll die staatliche Unterstützung mittels der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien gewährt werden, um sicherzugehen, dass die Wettbewerbsverzerrung möglichst klein gehalten wird."

Die Sanierungsklausel wurde im Juli 2009 verabschiedet; mit einem rückwirkenden Anwendungszeitraum ab 1. Januar 2008. Dabei unterlief den Finanzbehörden offenbar ein grober Fehler, der der Stimmung nicht gerade zuträglich war: Die Klausel wurde bei der Kommission nicht offiziell angemeldet, sondern diese erfuhr davon über die Presseberichterstattung. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um der Kommission eine Liste der Begünstigten zu übermitteln und sie über den Gesamtbetrag an zurückzufordernder Beihilfe zu informieren.

Das "Hintertürchen" wird also geschlossen, es bleibt noch der offizielle Weg: Beschließt die Regierung, Geld für die Rettung und Umstrukturierung einer Firma zu gewähren, so ist dies nur noch nach einer individuellen Anmeldung bei der Kommission möglich. Die Kommission muss dann untersuchen, ob das Unternehmen mittelfristig überlebensfähig ist und die Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt ist, um eine Verzerrung des Wettbewerbs zu beschränken. (Marzena Sicking) / (map)