Blogger sollen Schutz klassischer Medien in Anspruch nehmen können

Wenn sich Blogger an die ethischen Grundsätze der Presse halten, sollen auch sie deren Schutz genießen können, forderte die Menschenrechtsorganisation Article 19 bei einer Tagung der Unesco zur Presse- und Meinungsfreiheit.

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Von
  • Monika Ermert

Blogger sollen in den Genuss der Privilegien der Presse kommen, wenn sie sich an deren ethische Codes halten. Diesen Vorschlag machte die Menschenrechtsorganisation Article 19 bei einer Tagung der Unesco zur Presse- und Meinungsfreiheit vergangenen Woche. Presseräte in einzelnen Ländern wie den Niederlanden hätten bereits begonnen, sich mit der möglichen Integration der neuen Klasse von Journalisten auseinanderzusetzen, sagte Agnès Callamard, Chief Executive von Article 19, gegenüber heise online. Unesco-Generalsekretärin Irina Bokova mahnte bei der Tagung dringend eine Debatte über Meinungsfreiheit in in den neuen Medien an. Angesichts wöchentlicher Berichte über Zensur und Informationsblockaden sowie zunehmenden juristischen Sanktionen und tätlichen Angriffen gegen Blogger bis hin zum Mord sei diese überfällig.

Callamard präsentierte bei der zweitägigen Unesco-Tagung, bei der teilweise hitzige Debatten um den Zustand der Pressefreiheit stattfanden, die Analyse ihrer Organisation zur veränderten Situation im Journalismus. Neben klassischen Medien, die ihre Inhalte mehr und mehr im Netz verbreiteten und neuen, allein auf das Netz beschränkten Online-Medien, gebe es eine dritte Kategorie von Medien mit Gruppen von Bloggern oder einzelnen Autoren, deren Inhalte sich häufig kaum von der der Journalisten unterschieden.

Solchen Autoren sollte es laut Callamard frei gestellt sein, sich unter das Dach klassischer Presse-Selbstregulierung zu begeben und damit deren Prinzipien von korrekter Berichterstattung, Unparteilichkeit und Fairness zu unterwerfen. Im Gegenzug, so Callamard müssten diese Blogger auch die Privilegien ihrer journalistischen Kollegen erhalten, etwa beim Zugang zu Informationen oder beim Recht, die eigenen Quellen zu schützen. Die Kodizes der Selbstregulierungsorganisationen seien dabei nicht in Stein gemeißelt, sondern könnten angesichts der massiven Veränderungen überdacht werden.

Selbstverständlich könnten sich Blogger aber auch dagegen entscheiden, sich der journalistischen Selbstregulierung zu unterwerfen und könnten stattdessen eigene Verhaltenskodizes aufstellen. Article 19 grenzt die Blogger schließlich noch von einer vierten Kategorie ab, unter die sie diejenigen fasst, die sich im Netz einfach nur zur Diskussion treffen. Für solche virtuellen „Café-Gespräche“ bedürfe es keiner besonderen Regulierung. „Über allem“, so Callamard, „muss die generelle Informations- und Meinungsfreiheit im Netz stehen.“

Callamard verwies demgegenüber auf bedenkliche Tendenzen in der Gesetzgebung, die der Übertragung dieses klassischen Grundrechtsanspruchs in die Online-Welt zuwider liefen. Unterschiedslose Registrierungspflichten wie kürzlich im ungarischen Mediengesetz vorgesehen und in Polen in der Diskussion, seien hoch problematisch. Überdies müssten dringend klare Regeln dafür geschaffen werden, wie und in welcher Form Provider in den Fluss der Kommunikation eingreifen dürfen. Aktuell neigten die Provider aus Angst vor juristischen Folgen zu Überreaktionen, wie etwa der kürzlich von Facebook verhängten Sperrung eines Forums stillender Mütter, das als obszön angeschwärzt worden war. (uma)