Taser in der Kritik von Wissenschaftlern

Die umstrittene Wunderwaffe Taser, mit der sich Zielpersonen durch Stromstöße kurzfristig außer Gefecht setzen lassen, ist möglicherweise doch nicht so sicher, wie von den Herstellern behauptet.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die umstrittene Wunderwaffe Taser, mit der sich Zielpersonen durch Stromstöße kurzfristig außer Gefecht setzen lassen, ist möglicherweise doch nicht so sicher, wie von den Herstellern behauptet. Das Air Force Research Laboratory (AFRL) widersprach jedenfalls Äußerungen von Taser International, das kürzlich behauptet hatte, eine AFRL-Studie belege den unbedenklichen Einsatz seiner Taser. Die pistolenähnlichen Waffen feuern zwei Projektile ab, die jeweils mit einem gut sechs Meter langen Kabel mit der Waffe verbunden sind. Treffen beide Projektile das Ziel, werden Stromstöße (bis 50.000 Volt) durch die isolierten Kabel in die Person geleitet. In mehr als 5500 Polizeiwachen und Gefängnissen in den USA sollen Taser inzwischen in den Waffenschränken stehen.

Kurz nach Veröffentlichung der angeblichen Unbedenklichkeitsbescheinigung der Air Force war die Aktie von Taser International in die Höhe geschossen -- von etwas mehr als 37 US-Dollar Mitte Oktober auf über 60 US-Dollar Mitte November. Die Manager von Taser International nutzten die Gelegenheit, um kräftig Kasse zu machen: Knapp 1,3 Millionen Aktien (fünf Prozent der Anteile) wurden für insgesamt 68 Millionen US-Dollar verkauft. Das Air Force Research Laboratory erklärte jetzt allerdings, dass die Forschungsergebnisse keineswegs den Schluss zuließen, Taser seien sicher. Vielmehr könnten "verschiedene ungewollte Effekte" auftreten. Unklar sei beispielsweise, wie hoch das Risiko ist, dass es bei von Taser getroffenen Personen zu einem Herzflimmern kommt.

Tierversuche hätten zudem ergeben, dass Taser-Schocks häufig zu Azidosen, also einer Übersäuerung des Blutes führten; mit der Folge, dass gefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten können, bis hin zum Herzstillstand. Taser International hingegen hatte im Oktober öffentlich erklärt, die Waffen seien von der Air Force als "generell wirksam und ohne signifikante Nebenwirkungen" eingestuft worden. Die Studie sei das "letzte Kapitel in einer ganzen Serie von wissenschaftlichen und medizinischen Tests, die alle zu dem Schluss kommen, dass die Taser-Technik sicher und effektiv ist".

Dass seit 2001 mehr als 70 Menschen starben, nachdem sie von Tasern getroffenen wurden, erklärt das Unternehmen vor allem mit Begleiterscheinungen wie Drogenmissbrauch der Getroffenen. Eigene Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Waffen soll Taser International lediglich an einem Schwein und fünf Hunden vorgenommen haben. Menschenrechtler in den USA bemängeln, dass Polizisten Taser nicht ausschließlich zur Überwältigung von Kriminellen einsetzen, sondern dass die Verabreichung von Stromstößen inzwischen zur Routine geworden sei -- selbst auf Kinder wurden in Miami kürzlich Taser abgefeuert. (pmz)