Experten fordern einheitliche EU-Frequenzpolitik

Während einer Anhörung im EU-Parlament haben mehrere Experten bemängelt, dass es in den 27 Mitgliedsländern keine einheitliche Frequenzpolitik und keine paneuropäischen Lizenzen gibt.

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Von
  • Monika Ermert

Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments hat sich in einer Anhörung (PDF-Datei) am Dienstag mit der künftigen Vergabe von Frequenzen befasst. Darin forderten mehrere Experten eine moderne Frequenzpolitik und mehr Frequenzen für neue Dienste frei zu machen. Erst zwei Länder, Finnland und Deutschland hätten den 800-Megahertz-Frequenzbereich für mobile Breitbanddienste und 4G-Angebote vergeben, sagte Vodafones Direktor für Public Policy, Richard Feasy. Mehrere Sachverständige forderten überdies, auch über die Öffnung weiterer Frequenzbereiche etwa für WLAN-Angebote nachzudenken.

Die Ergebnisse der Anhörung sollen in die Arbeit des Parlaments an einer einheitlichen Frequenzpolitik für Europa einfließen. Dafür hatte die Kommission im vergangenen September den Entwurf eines ersten Fünfjahresprogramms zur Frequenzpolitik vorgelegt. Rat und Parlament sollen dieses Programm, das unter anderem die Räumung des 800-Megahertz-Bandes für digitale Breitbandangebote enthält, jetzt beschließen.

Mehrere der zur Anhörung geladenen Experten bemängelten, dass es in den 27 Mitgliedsländern keine einheitliche Frequenzpolitik und keine paneuropäischen Lizenzen gibt. Ein einheitlicher Binnenmarkt sei ohne eine solche Harmonisierung nicht zu realisieren, meinte Denis Lescop, Director of Research Programmes an der Telecom Ecole de Management.

Auch für Gunnar Hökmark, Berichterstatter im Industrieausschuss für den Frequenzpolitik-Beschluss, ist die bessere Koordination eine zentrale Voraussetzung, um das weitere Wachstum mobiler Breitbanddienste in Europa zu unterstützen. Letzteres sei dringend notwendig, damit Europa konkurrenzfähig bleibe. Hökmark unterstützte auch die Forderungen nach der Umwidmung zusätzlicher Frequenzen für mobile Breitbanddienste.

Simon Forge vom Consulting-Unternehmen SCF Associates empfahl, über eine Öffnung des 600-MHz-Bandes speziell für WLAN-Anbieter nachzudenken, die Frequenzen leicht teilen könnten. Christopher Gow, Frequenzchef bei Cisco, riet, dafür eher das 5-Gigahertz-Band ins Auge zu fassen, um das es weniger Konkurrenz gebe. Forge empfahl, keine klassischen Lizenzen für solche neuen Frequenzen zu vergeben. Stattdessen solle Technik wie Software-Radio die Nutzung durch viele erlauben.

Forge verwies entgegen der BBC-Vertreterin Catherine Smadja auf veränderte Nutzungsgewohnheiten. Die nächste Generation nutze eher Video on Demand und Internet-Fernsehen anstelle des traditionellen Rundfunks. Smadja rief dazu auf, vor weiteren Neuzuweisungen von Frequenzbereichen den Bedarf zu analysieren, und warnte vor den Kosten, die der öffentlichen Hand entstünden, wenn weitere Frequenzbereiche frei geräumt würden. Die BBC-Managerin sagte, das jetzt ausgegebene Ziel, bis 2013 das 800-MHz-Band vollends zu räumen, werde in Großbritannien wohl erst 2015 erreichen.

Die EU will bis 2020 jedem EU-Bürger mindestens eine Datenrate von 30 MBit/s zusichern, die Hälfte der Bürger soll dann schon über 100 MBit/S kommunizieren können. Dafür seien die zusätzlichen Frequenzbereiche für mobile Breitbanddienste dringend notwendig. Dank 3G könnten heute 90 Prozent der rumänischen Bürger mobile Breitbanddienste für 5 Euro im Monat nutzen, sagte Feasy. (anw)