OOP 2011: Softwarekonferenz begeht 20-jähriges Jubiläum

Die OOP lud zum 20-jährigen Bestehen ein, und rund 2000 Besucher kamen, um zumeist vertraute Referenten, Firmen und andere Teilnehmer wiederzutreffen. Sofern das die Messehallen des Münchner ICM zuließen, herrschte gar Feierlaune.

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Von
  • Alexander Neumann

Die OOP lud zum 20-jährigen Bestehen ein, und rund 2000 Besucher kamen, um zumeist vertraute Referenten, Firmen und andere Teilnehmer wiederzutreffen. Sofern das die Messehallen des Münchner ICM zuließen, herrschte gar Feierlaune anlässlich des Jubiläums.

Nicht viele Konferenzen zur Softwareentwicklung können auf eine vergleichbare Historie zurückblicken wie die OOP, die Ende Januar – wie seit Jahren schon – im Münchner ICM ausgerichtet wurde. 1991 als Pendant zur OOPSLA gegründet, hat sie im Gegensatz zu dieser Veranstaltung, die mittlerweile in die Splash-Konferenz aufgegangen ist, ihre Nähe zur objektorientierten Programmierung im Namen auch 20 Jahre später beibehalten, auch wenn Objektorientierung nur noch am Rande ein Thema ist.

Vielmehr ging es um die Trendthemen der letzten Jahre wie Multi-Core-Programmierung, hoch skalierende Webentwicklungen, Cloud Computing und die Entwicklung mobiler Apps. Schon traditionell im Programm sind des Weiteren Projektmanagement- und Softwarequalitäts-Tracks. Die fachliche Leiterin, Frances Paulisch, hat ihre Konferenzvorschau zwar mit dem Satz "Die Zukunft beginnt jetzt" überschrieben, dieses Mal stand jedoch auch die eine oder andere Retrospektive im Vordergrund. Das drückte sich beispielsweise in den vertrauten Namen der Keynote-Sprecher aus. Erich Gamma, Martin Fowler und Tom DeMarco, um nur die bekannteren zu nennen, haben in den letzten 20 und mehr Jahren der Zunft der Softwareentwickler und IT-Projektleiter nicht nur einmal als Vorbilder gedient. Solch renommierte "Gurus" der Branche kommen nur selten auf einer deutschen Konferenz zusammen.

Eine Torte darf zum Jubiläum nicht fehlen.

Ob die Qualität ihrer Beiträge den Erwartungen gerecht wurde, sei erst mal dahingestellt. Zumindest überragten sie das Niveau der Intel-Keynote deutlich, die zum Auftakt der Konferenz mit reinem Produktmarketing die Teilnehmer verärgerte. Spannender fiel hingegen Andrew Brownswords Vortrag zur Softwarearchitektur in der Spieleentwicklung aus. Der Chefarchitekt von Electronic Arts verdeutlichte, dass das Game Development aufgrund von Anforderungen wie Geschwindigkeit, der Unterstützung unterschiedlicher Geräte und Systeme sowie weltweit verteilt arbeitenden Entwicklungsteams zu den spannendsten Domänen der Programmierung zählt. Diese hält allerdings auch ihre eigenen Besonderheiten und Programmier-Patterns bereit.

Dass die OOP-Veranstalter Erich Gamma gebeten hatten, über "Design Patterns" zu sprechen, ist naheliegend. Doch, und das war seinem Vortrag anzumerken, ist für ihn als ehemaligen Protagonisten der "Gang of Four" das Thema wohl eher "durch". Ihr Einsatz sei mittlerweile Mainstream, weswegen man gar nicht mehr so sehr darüber sprechen müsse. Spannender ist für Gamma das Problem der Integration bestehender Daten. Das interessiert den IBM Distinguished Engineer, weil Big Blue im Rahmen der Jazz-Plattform und des auf ihr basierenden neueren Rational-Portfolios dieser Anforderung nachkommen möchte.

Vorbild für viele Softwareentwickler: Martin Fowler

Dafür propagiert Gamma die Open Services for Lifecycle Collaboration (OSLC), eine maßgeblich von IBM betriebene Spezifikation zur Interaktion von ALM-Werkzeugen (Application Lifecycle Management) mit Change-Management-Systemen. Daraus soll eine einfachere Werkzeugintegration unterschiedlicher Tool-Hersteller entstehen. Laut Gamma haben sich bisher rund 400 zumeist kleinere Produktanbieter der Initiative angeschlossen, was fürs Erste nicht schlecht ist. Es fehlen allerdings andere große ALM-Plattformanbieter wie HP, Micro Focus/Borland und Microsoft, weswegen die Zukunft von OSLC bislang vage erscheint. Auffallend war der große Anteil an Firmen aus dem ALM-Umfeld, die auf der die OOP begleitenden Messe zu finden waren. Zumindest auf Anbieterseite scheint der Wille, sich zu präsentieren, größer denn je zu sein, und vielleicht ist das auch ein Anlass, bei zukünftigen Auflagen der OOP dieses Thema konzentrierter zu beleuchten.

Auf Gamma folgte Martin Fowler, der sich vom großspurig mit "Software Design in the 21st Century" angekündigten Vortrag inhaltlich schnell verabschiedete und in zwei zusammengemischten Kleinvorträgen zunächst auf die Bedeutung domänenspezifischer Sprachen (DSLs) sowie später auf das bevorstehende zehnjährige Bestehen des Agilen Manifests einging. Es stellt sich im Rückblick die Frage, ob Fowler keine richtige Idee zu seinem spannend anmutenden Titel hatte. Was schade wäre, da die Zuhörer sicherlich gern mehr zum Thema von ihm gehört hätten. Hängen geblieben ist zumindest sein Pessimismus über den langsamen Gang der Dinge, da die agile Softwareentwicklung trotz des großen Einflusses eines Agile Manifesto immer noch am Anfang stehe. Als Vergleich zog er die objektorientierte Programmierung heran, die auch nach vierzig Jahren noch nicht am Ziel sei.

Tom DeMarco gab ein besseres Bild ab als vor zwei Jahren.

Standen bei den Keynote-Vorträgen des ersten "offiziellen" Konferenztages eher klassische Programmierthemen im Vordergrund, richtete sich das Augenmerk der Keynote-Sprecher des zweiten auf "softe" Themen. Rainer Grau von Zühlke skizzierte anhand einer fiktiven Privatbank ein denkbares (Nicht-)Miteinander von in einem Unternehmen in IT-Prozesse involvierten Parteien. Als Ziel sprach er sich für Transparenz in Teams, eine Bottom-up-Annäherung, Eigenverantwortung und Koalition zugunsten von Optimierungen aus. Tom DeMarco, der vor zwei Jahren als Keynote-Sprecher der OOP allein als Bewerber seines damals neuen Buches in Erscheinung trat, machte es dieses Mal besser. Sein kurzweiliger Vortrag zeigte erst die Komplexität von Systemen und den damit verbundenen Schwierigkeiten der Menschen, sie zu verstehen und zu entwickeln, auf. Zu deren Bewältigung pochte er schließlich auf die Maxime, dass in Teams Vertrauen als Voraussetzung für Vertrauenswürdigkeit gelebt werden müsse.

Traditionell ein Highlight der OOP: Der ultimative IT-Stammtisch unter Moderation von Nicolai Josuttis

Die OOP 2011 präsentierte sich thematisch nahezu unverändert zum Vorjahr. Im Vordergrund stehen weiterhin Projektmanagent- und Softwarearchitekturthemen. Die Teilnehmer sind infolgedessen über die Jahre hinweg altersmäßig mitgewachsen. Deswegen verwundert es nicht, dass der Veranstalter auf eine treue Basis an wiederkehrenden Besuchern bauen kann. Die freut es denn auch, vertraute Menschen alljährlich wieder zu treffen. Ebenfalls erfreulich ist die bis auf wenige Ausnahmen hohe Qualität der Vorträge. Als Beispiele sei nur auf die Sessions der beiden Siemens-Angestellten Michael Stal und Frank Buschmann verwiesen, die im Rahmen von einer Stunde hochkomplexe Themen wie Aktoren im Umfeld der Multi-Core-Programmierung erklärten oder einen überzeugenden Überblick zu den Trends rund um Softwarearchitekturen gaben. Potenzial hat sicherlich auch das Thema Kanban, das innerhalb von drei Jahren für großes Aufsehen gesorgt hat und das dessen Begründer David Anderson auf der Konferenz vorstellte. Es lässt im Gegensatz zu Scrum ein deutlich pragmatischeres Vorgehen in Softwareprojekten zu und konnte Anderson zufolge nicht nur in kleinen Teams, sondern auch in Projekten mit 70 Leuten schon Erfolge verzeichnen.

Begrüßenswert wäre es, wenn der Veranstalter künftig auch andere interaktivere Vortragsformate wie Pecha Kucha und Fishbowl zulassen würde, die andernorts begeistert aufgenommen werden. Die OOP hat es ob ihrer Tradition und ihres Publikums (rund 850 zahlende Teilnehmer, 150 Sprecher sowie über 1000 Messebesucher und -aussteller) zwar nicht nötig, "hippe" Methoden auf Biegen und Brechen aufzunehmen. Doch würde das zweifellos gute Programm dadurch noch an Vielfalt gewinnen. Ansonsten bleibt es, der OOP Erfolg auch für die die nächsten zwanzig Jahre zu wünschen. (ane)