Das größte Radioteleskop der Welt geht auf Empfang

Für das im Bau befindliche europäische Radioteleskop LOFAR (Low Frequency Array) sind erstmals Signale von Antennenstationen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlande synchron verarbeitet worden.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Für das im Bau befindliche europäische Radioteleskop LOFAR (Low Frequency Array) sind erstmals Signale von Antennenstationen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlande synchron verarbeitet worden. Damit hat das astronomische Großprojekt einen wichtigen Meilenstein erreicht.

Das vom Niederländischen Institut für Radioastronomie Astron geleitete Observatorium ist kein klassisches Radioteleskop mit einer beweglichen Satellitenschüssel, sondern besteht aus vielen Empfangsstationen, die über ganz Europa verteilt und über schnelle Datenleitungen miteinander verbunden sind. 40 Stationen sind im Norden der Niederlande auf einer Fläche von etwa 100 Kilometer Durchmesser konzentriert und sorgen für die Empfindlichkeit des Teleskops. Daneben gibt es fünf Stationen in Deutschland und jeweils eine in Frankreich und Großbritannien. Eine weitere in Schweden soll im Laufe dieses Jahres in Betrieb genommen werden. Außerdem sind Stationen in Polen und Italien geplant.

In der endgültigen Ausbaustufe beträgt der größte Abstand zwischen zwei Empfangsstationen 1500 Kilometer. Dieser Abstand definiert die "Basislinie" des Observatoriums, von der wiederum das Auflösungsvermögen abhängt. Damit die von den weit auseinanderliegenden Antennen empfangenen Signale zu einem Bild verarbeitet werden können, müssen sie synchronisiert werden. Die Stationen sind daher über ein Glasfasernetz mit einem IBM BlueGene/P Supercomputer der Universität Groningen verbunden, wo sie zusammengeführt und aufbereitet werden.

Der Quasar 3C 196

(Bild: ASTRON/LOFAR)

Bei der jetzt erfolgten Zusammenschaltung der internationalen Empfänger wurde eine Basislinie von etwa 1000 Kilometer realisiert. Damit konnte ein Bild des 6,9 Milliarden Lichtjahre entfernten Quasars 3C 196 bei einer Frequenz von 138 Megahertz mit einer Auflösung von 0,2 Bogensekunden aufgenommen werden. Das entspricht einem Zehntausendstel des Durchmessers des Vollmonds. Die kleinsten noch aufgelösten Details auf dem Bild haben eine Ausdehnung von etwa 7000 Lichtjahren. Ein Bild, das ausschließlich mit den niederländischen Empfangsstationen aufgenommen wurde, löst dagegen nur Details bis 265.000 Lichtjahren auf.

Das Auflösungsvermögen ist jedoch nicht alles. Weil das Observatorium keine reale Hardware-Schüssel hat, sondern eine virtuelle, bei der die Blickrichtung elektronisch gesteuert wird, kann es ein sehr weites Blickfeld erfassen und in mehrere Richtungen gleichzeitig schauen. Das wurde im vergangenen Dezember mit der simultanen Beobachtung von fünf Pulsaren demonstriert.

Von den jetzt aufgenommenen Bildern zeigten sich die beteiligten Wissenschaftler begeistert. "Das ist fantastisch", sagte Rob Fender von der University of Southampton, Leiter der LOFAR-Aktivitäten in Großbritannien, wo eine Empfangsstation am Chilbolton Observatorium in Hampshire zugeschaltet wurde. "Die Verbindung zwischen dem Chilbolton Teleskop und dem Supercomputer erfordert eine Internetgeschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde. Das ist tausendmal so schnell wie der typische Breitbandanschluss zu Hause."

Zu den astronomischen Fragen, die LOFAR helfen soll zu beantworten, zählt die Erforschung der Epoche der Reionisierung, als die ersten Sterne und Schwarzen Löcher das Universum erhitzten. Das derzeit größte Observatorium der Welt soll Pulsare und plötzliche Eruptionen beobachten, der Natur der kosmischen Strahlung auf den Grund gehen, den solaren Wind und seine Interaktion mit der Erde erforschen und den Ursprung ausgedehnter Magnetfelder im Universum klären.

Nicht zuletzt werden die Erfahrungen mit LOFAR helfen, die nächste Stufe der Radioastronomie zu erklimmen und das noch leistungsfähigere Square Kilometer Array (SKA) zu realisieren. Hier sollen die Empfangsstationen bis zu 3000 Kilometer voneinander entfernt sein, mit einer Antennenfläche von insgesamt einem Quadratkilometer. Die Fertigstellung dieses Monsterteleskops ist derzeit für das Jahr 2023 geplant. (jk)