Schwimmende Windmühlen

Offshore-Windkraftanlagen sind noch immer eine kostspielige Angelegenheit. Zwei Firmen wollen nun mit einem neuen Turbinendesign gegensteuern.

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  • Phil McKenna

Offshore-Windkraftanlagen sind noch immer eine kostspielige Angelegenheit. Zwei Unternehmen wollen nun mit einem neuen Turbinendesign gegensteuern.

Mühlen, die auf Schwimmkörpern installiert werden, können die stärkeren und regelmäßigeren Winde im offenen Meer nutzen. Solche Tiefwasserinstallationen sind momentan allerdings noch sehr teuer, weil die benötigten Auftriebssegmente gigantische Ausmaße annehmen. Ein Projekt in Frankreich, das ein neuartiges, kostengünstiges Turbinendesign nutzt, könnte das Problem lösen.

Die französische Öl- und Gas-Ingenieursgesellschaft Technip hat sich dabei mit dem Windkraft-Start-up Nenuphar zusammengetan. Ergebnis soll eine Anlage mit zwei Megawatt Leistung werden, die bis Ende 2013 im Mittelmeer schwimmen könnte. Die Hauptrotorwelle ist dabei vertikal und nicht horizontal angeordnet.

Vorteil dieser Bauart, von den Herstellern Vertiwind genannt, ist ein niedrigerer Schwerpunkt. Die Anlage ist 100 Meter hoch, platziert aber den Generator, der rund 50 Tonnen wiegt, in einer versiegelten Röhre unter den Rotorblättern – und zwar nur gut 20 Meter über dem Meeresspiegel. Das sorgt für ein geringeres Gewicht im oberen Bereich der Turbine. Ergebnis: Die Schwimmkörper können deutlich kleiner sein und reichen nur rund neun Meter unter die Meeresoberfläche.

Eine konventionelle Windkraftanlage mit horizontaler Ausrichtung der Hauptrotorwelle und Rotorblättern, die ebenfalls 100 Meter erreichen, müsste dagegen bis zu 60 Meter tief tauchen. Der Schwimmkörper einer 2,3-Megawatt-Hywind-Anlage, die Technip für den norwegischen Ölkonzern Statoil gebaut hat, benötigt sogar Auftriebssegmente, die 100 Meter unter der Meeresoberfläche enden. "Mit der neuen Technik spart man jede Menge Material", sagt Stephane His, Vizepräsident für den Bereich erneuerbare Energien bei Technip. "Hinzu kommt, dass man den Installationsprozess der gesamten Anlage stark vereinfacht."

Technip und Nenuphar wollen zwei ihrer Vertiwind-Anlagen mit einem Energieoutput von jeweils zwei Megawatt pro Stück bauen – die eine an Land und die andere offshore. Kostenpunkt: 28 Millionen Dollar. Das ist zwar noch deutlich teurer als Flachwasser-Windräder, die auf dem Meeresboden verankert sind und rund 5 Millionen Dollar pro Megawatt kosten. Die 70 Millionen Dollar, die der Statoil-Prototyp mit seinem großen Schwimmkörper inklusive Aufbau und laufender Forschung verschlang, werden aber deutlich unterboten.

Das vertikale Design der Vertiwind-Anlage wird an Land eigentlich bereits seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verwendet, da es mit den grundsätzlich höheren regulären Anlagen nicht konkurrieren kann. Diese schnappen sich die stärkeren Winde. Im Offshore-Bereich sei der Nachteil jedoch geringer, weil sich die Winde über dem offenen Wasser in höheren Schichten weniger deutlich beschleunigten, meint Walter Musial, der die Offshore-Windforschung am U.S. National Renewable Energy Laboratory in Colorado leitet.

Ganz überzeugt ist er vom Vertiwind-Design aber trotzdem nicht. Der Grund: Turbinen mit vertikaler Achse seien bislang nur in geringen Stückzahlen in solcher Größe errichtet worden. Alle hätten zudem gekrümmte Rotorblätter genutzt, die sich mit der Hauptrotorwelle an zwei Punkten trafen. Dies sorge für eine gleichförmige Verteilung der mechanischen Spannungen. Vertiwind nutze jedoch gerade Rotorblätter, die nur mit zwei Unterstützerbauteilen am Ende der Blätter mit der Hauptrotorwelle verbunden seien. "Die Rotorblätter werden sich aufgrund von Zentrifugalkräften biegen und die Verbinder diese Last voll abbekommen." Allein dies sei schon eine ingenieurtechnische Herausforderung.

Nenuphar-Chef Charles Smadja ist allerdings zuversichtlich, dass sein Design dieser Belastung standhält. Ein 35-Kilowatt-Prototyp mit hoher Drehgeschwindigkeit habe dies bewiesen. Die Skalierung hoch auf zwei Megawatt könnte dennoch zur Herausforderung werden, räumt der Windkraftexperte ein: "Was im Kleinen geht, kann im Großen problematisch sein." (bsc)