IT-Branchenverband: E-Vergabe noch mangelhaft

Laut Bitkom werden erst zwei bis fünf Prozent der Angebotsabgaben im öffentlichen Sektor elektronisch abgewickelt und so Einsparpotenziale verspielt; es fehle an Standardisierungen und einfacheren Signaturverfahren.

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Der öffentliche Sektor und seine Partner aus der Wirtschaft verschlafen die Nutzung von Einsparpotenzialen und bereits getätigten Investitionen durch die elektronische Vergabe und Beschaffung im E-Government-Bereich. Dies beklagt der Branchenverband Bitkom in einem aktuellen Positionspapier (PDF-Datei). "Bisher ist die Zahl der Unternehmen, die elektronische Angebote unterbreiten, deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben", heißt es in der Stellungnahme. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollten schon im Jahr 2003 25 Prozent aller Beschaffungen elektronisch abgewickelt werden. Nach aktuellen Schätzungen sei dies aber 2006 gerade bei der E-Vergabe erst bei weniger als fünf, vermutlich sogar weniger als zwei Prozent aller Angebotsabgaben in Deutschland der Fall. Enttäuscht konstatiert der Bitkom: Während im "Business to Business"-Geschäft (B2B) klare Einsparungen durch E-Procurement-Lösungen erreicht würden, hinke der öffentliche Sektor deutlich hinterher.

Der Rückstand ist dem Verband zufolge nicht leicht erklärbar. Durch Ausschreibungen über das Internet können öffentliche Auftraggeber wie auch Anbieter aus der Privatwirtschaft seiner Ansicht nach ihre internen Prozesse deutlich verschlanken. Aufgrund der medienbruchfreien elektronischen Bearbeitung von Ausschreibungsunterlagen und Angeboten würden sich für beide signifikante Kostensenkungen durchführen lassen. Bund, Länder und Kommunen böten ferner bereits Lösungen an, die den Unternehmen die elektronische Angebotsabgabe ermöglichen. Künftig sei ferner damit zu rechnen, dass die elektronische Angebotsabgabe verpflichtend werde. Zumindest sehe der Entwurf für die Novelle des Vergaberechts in einer entsprechenden Verordnung vor, dass die Auftraggeber auch die elektronische Übermittlung von Angeboten vorschreiben können.

Einige Hindernisse hat der Bitkom allerdings ausgemacht und Vorschläge zur "Optimierung des Angebotsverfahrens" eingebracht. Für dringend erforderlich hält die Industrie es demnach, die bestehenden Plattformen zur E-Vergabe interoperabel zu gestalten. Bisher müssten sich Bieter auf unterschiedliche Lösungen bei Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen einstellen. Diese seien mit einheitlichen Schnittstellen zu versehen, damit Nutzer mit einem Clientprogramm an Ausschreibungen unterschiedlicher öffentlicher Auftraggeber teilnehmen könnten. Auch die erforderliche Hardware wie Chipkarten oder Kartenleser müsse plattformübergreifend nutzbar sein. Der Bitkom begrüßt daher eine entsprechende Interoperabilitätsinitiative von wichtigen Lösungsanbietern wie Administration Intelligence, ausschreibungs-abc, dem Beschaffungsamt des Bundesinnenminiseriums, cosinex, my-con/altenda, subreport oder ventasoft. Wichtig sei nur, dass die gewünschten Angleichungen nicht zu Monokulturen unter den Anbietern elektronischer Beschaffungslösungen führen.

Verbesserungsbedarf sieht der Verband auch bei der Standardisierung der Vergabeunterlagen von Verwaltungen. Diese würden sich bislang äußerlich wie inhaltlich stark voneinander unterscheiden, was die hohe Rate von 30 Prozent formal falsch abgegebener Angebote mit verursache. Auch der Einbau automatischer Plausibilitätsprüfungen könne hier Abhilfe schaffen. Vorbildlich sei das GAEB-Format im Bauwesen.

Die gegenwärtige Handhabe elektronischer Signaturen blockiert laut dem Bitkom ferner den Boom bei der E-Vergabe. Prinzipiell ist zur Abgabe eines rechtsverbindlichen Angebotes ein Signaturzertifikat erforderlich. Vorgeschrieben ist nach nationalen Recht der Einsatz der vergleichsweise aufwendigen qualifizierten digitalen Signatur. Bisher ist dem Verband zufolge aber nicht sichergestellt, dass ein Bieter mit einer der kryptographischen Lösungen tatsächlich an allen öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen kann. Alle gängigen Signaturzertifikate müssten aber auf allen E-Vergabe-Plattformen einsetzbar sein. Da EU-Bestimmungen auch die weniger teuren, bereits von vielen Signaturherstellern in Software implementierten fortschrittlichen Signaturen erlauben würden, setzt sich der Bitkom ferner für die Schaffung eines gemeinsamen Standards auf dieser Basis ein. Um das Verfahren so einfach wie möglich zu gestalten, sollte insbesondere beim reinen Download von Ausschreibungsunterlagen auf den Einsatz qualifizierter E-Signaturen verzichtet werden. (Stefan Krempl) / (jk)