Opposition will unabhängige Evaluierung von Sicherheitsgesetzen

SPD und Linke wollen einen Antrag der Grünen unterstützen, wonach Überwachungsgesetze künftig vor allem auf ihre Grundrechtsverträglichkeit hin überprüft werden sollen. Die Koalition hält die Forderung für überflüssig.

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SPD und Linke im Bundestag wollen einen Antrag (PDF-Datei) der Grünen unterstützen, wonach Sicherheitsgesetze künftig von unabhängiger Seite darauf überprüft werden sollen, ob sie sich mit den Grundrechten vertragen. Überwachungsbefugnisse zu evaluieren sei "für den Rechtsstaat von herausragender Bedeutung", erklärte der sozialdemokratische Innenpolitiker Frank Hofmann am Donnerstagabend im Bundestag.

Die Bundesregierung habe zwar selbst Kriterien für das 2006 verabschiedete Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz (TBEG) und die Rechtsgrundlage für die Anti-Terror-Datei vorgelegt, räumte der SPD-Vertreter ein. Dabei handele es sich aber um Anleitungen für eine "Schein-Evaluierung", da das federführende Bundesinnenministerium eine externe Beratungsfirma nur zur "Methodenberatung" zuziehen und die Schwerpunkte auf die Kriterien "Praxistauglichkeit und Effektivität" legen wolle. Dabei könne nur ein "Schönwetterbericht" herauskommen.

Die SPD fordert, zu prüfen, wie tief und häufig die Eingriffe in Grundrechte seien und ob rechtsstaatliche Prinzipien gewahrt blieben. Skeptisch beäugte Hofmann den Vorschlag der Grünen, ein "institutionalisiertes Expertengremium" für Evaluierungen zu beauftragen. Derlei feste Einrichtungen entwickelten immer ein Eigenleben und Ansätze, die kaum auf spezifische Fragestellungen maßgeschneidert seien.

Jan Korte von den Linken meinte, die härtesten Sheriffs dürften nicht mit der Prüfung der härtesten Sicherheitsgesetze betraut werden. Kompetenzen zur Anwendung von Instrumenten wie heimliche Online-Durchsuchungen, die "gar nicht gebraucht" würden und nur die Bürgerrechte gefährdeten, müssten ganz abgeschafft werden. Zunächst müsse erst einmal geklärt werden, "wie die Sicherheitslage überhaupt ist".

Der Grüne Wolfgang Wieland forderte, dass das "Ping-Pong-Spiel mit Karlsruhe" aufhören müsse – er bezog sich dabei auf die Verabschiedung von Überwachungsgesetzen durch das Parlament und deren spätere Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht. Die Bürgervertreter müssten selbst Korrekturen vornehmen können. Das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit könne nur gehalten werden, wenn die Gesetze auf hohem Niveau geprüft würden.

Der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bezeichnete den Antrag als "überflüssig wie einen Kropf". Es habe noch keine Bundesregierung gegeben, die so viel für die Evaluierung tue wie die aktuelle. Bis Ende des Jahres sei eine Überprüfung des TBEG und der Anti-Terror-Datei ohnehin vorgegeben. Auch die Bestimmungen zur Telekommunikationsüberwachung und das Gesetz gegen die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten würden evaluiert. Die Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden stehe insgesamt mit dem Bericht der Werthebach-Kommission auf dem Prüfstand. Es sei falsch, die Verantwortung für Evaluationen vom Parlament weg externen Gremien aufzuerlegen.

Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz findet den Antrag "dreist". In der rot-grünen Regierungszeit habe es der Gesetzgeber "selbst verbockt", Prinzipien einer unabhängigen Evaluierung zu formulieren. Dies könne jetzt nicht Schwarz-Gelb angehängt werden. Inhaltlich liege man zwar "nicht weit auseinander", auch die Liberalen träten dafür ein, dass neben der Zweckmäßigkeit auch die Verhältnismäßigkeit – nicht nur von Betroffenen – geprüft werden müsse. Dies werde jetzt aber schon umgesetzt. (anw)