Konferenz fordert Zugang zum Wissen statt Privatisierung des geistigen Eigentums

Nach Ansicht der Organisatoren der Veranstalung an der Uiversität Yale ist ein breiter Zugang zum Wissen die Basis einer nachhaltigen Entwicklung.

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Von
  • Monika Ermert
  • Johannes Endres

An der renommierten Jura-Fakultät der Universität Yale in New Haven findet eine Konferenz über den Schutz des freien Zugangs zu Wissen statt. Die Access to Knowledge (A2K) genannte Veranstaltung soll Forscher, Denker und Aktivisten zusammenbringen, um Vorschläge für die zukünftige Politik zu erarbeiten und Forschungspläne zu entwickeln.

Nach Ansicht der Veranstalter ist ein breiter Zugang zum Wissen und die Bewahrung einer "gesunden Gemeinfreiheit am Wissen" die eigentliche Basis einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft. Ein weiterer Ausbau der Schutzrechte für das geistige Eigentum sei nicht zwangsläufig im Sinne der Gesellschaft, schon gar nicht der viel beschworenen Informationsgesellschaft.

"Zugang zum Wissen ist eine Frage der Gerechtigkeit, gesunder Entwicklungspolitik und ganz generell menschlicher Freiheit und Teilhabe an einer global vernetzten Wirtschaft," sagt der Direktor des Information Society Project der Yale-Universität, Jack Balkin . "Menschen sterben an Krankheiten, die hätten behandelt werden können, wären die Medikamente nicht überteuert; Bevölkerungen bleiben ohne Bildung, weil Gesetze über geistiges Eigentum die Verbreitung von Unterrichtsmaterial blockiert. Innovation wird verhindert durch Patent- und Urheberrecht, die weit über das gerechtfertigte Ziel hinausgehen, Innovation zu fördern und der Zugang zu Informationen über Regierungshandeln wird durch einen Mangel an Transparenz unterminiert," sagt der Verfassungsrechtsexperte. "Die Liste der Probleme, die durch die Verweigerung des Zugangs zu Wissen für die Entwicklung, für die Gerechtigkeit in der Gesellschaft und die Menschenrechte entsteht, ist endlos."

Mit den von Balkin benannten verschiedenen Aspekten des Informationszugangs beschäftigen auch die fünf Plenarsitzungen zur Frage der Einordnung der A2K-Debatte, zu wirtschaftlichen Fragen, zum politischen Kampf um die Gestaltung des Zugangs zu Informationen, zu beschränkenden Faktoren für einen offenen Zugang (etwa die nationale Sicherheit) und zu Lösungsvorschlägen für die Zugangsfrage. "Denken Sie daran, dass A2K mehr ist als Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums," so Balkin. "Es geht auch um die Reform des Telekommunikationsrechts, um die Produktion von Information durch Regierungen, um öffentliche Ausschreibungen für Wissenschaft und Landwirtschaft, Transparenzfragen und die Meinungsfreiheit." Eine Beschränkung allein auf das Urheber- und Patentrecht sei ein Fehler, so Balkin. Mit ihm hofft wohl die Mehrzahl der Konferenzteilnehmer, dass der Ruf nach dem Zugang zu den verschiedenen Quellen von Information langsam, aber sicher ihren Niederschlag in der Politik finden wird. In vielen völkerrechtlichen Verträgen und nationalen Gesetzen werde ein solcher Zugang im Prinzip schon festgeschrieben.

Zudem können sich die Befürworter der verschiedenen Aufrufe für ein Umdenken im Bereich der Zugangsfragen immerhin erster Aufmerksamkeit von Seiten der Politik erfreuen. Einer Gruppe von Entwicklungsländern, die "Friends of Development"unterstützt das im Rahmen der Debatten um die Zukunft der World Intellectual Property Organisation (WIPO) vorgeschlagene internationale Abkommen über den Zugang zu Wissen. Die Organisatoren der Adelphi-Charta über Kreativität, Innovation und geistiges Eigentum bei der Royal Society of Arts in London fanden Unterstützung beim brasilianischen Kulturminister Gilberto Gil und dessen ungarischem Kollegen Andras Bozoki.

Allerdings bedarf es noch deutlich größerer Unterstützung, um den Trend wirklich umzukehren. Man befinde sich, so schreibt A2K-Konferenz-Redner Yochai Benkler von der Yale Law School in seinem neuen Buch The Wealth of Networks in einem Kampf zwischen den wirtschaftlichen Gewinnern von gestern und neuen individuellen und kooperativ zusammenwirkenden Informationsproduzenten. "Es wäre verheerend, wenn die Gewinner von gestern die Bedingungen von morgen diktieren könnten," warnt Benkler. (Monika Ermert) (je)