EU-Gericht: Keine Exklusivübertragung von Fußball-WM und -EM

Das Gericht der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Mitgliedsstaat unter bestimmten Bedingungen die Exklusivübertragung aller Spiele der Fußballweltmeisterschaft und der Fußballeuropameisterschaft auf einem Bezahlfernsehsender verbieten kann.

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Von
  • Nico Jurran

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat entschieden, dass ein Mitgliedsstaat unter bestimmten Bedingungen die Exklusivübertragung aller Spiele der Fußballweltmeisterschaft und der Fußballeuropameisterschaft auf einem Bezahlfernsehsender verbieten kann.

In diesem Zusammenhang stellt das Gericht auch klar, dass die „Topspiele“ und – bei der EM – die Spiele mit Beteiligung der/einer Nationalmannschaft des betreffenden Landes von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des jeweiligen Mitgliedstaats sind. Sie dürfen deshalb in eine nationale Liste aufgenommen werden, auf der die Ereignisse verzeichnet sind, die die Bevölkerung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung verfolgen können muss. Obwohl diese Einstufung den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit beschränkt, sei sie auch gerechtfertigt, da sie das Recht auf Informationen schützen und der Öffentlichkeit breiten Zugang zur Fernsehberichterstattung über Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung verschaffen soll.

Verlierer des Rechtsstreits sind die "Féderation Internationale de Football Association" (FIFA) und die "Union des Associations Européennes de Football" (UEFA), die die Fernsehübertragungsrechte an diesen Wettbewerben verkaufen.

Auslöser des Streits waren Entscheidungen der europäischen Kommission, wonach zwei von Belgien und dem Vereinigten Königreich in Zusammenhang mit der "Richtlinie über die Ausübung der Fernsehtätigkeit" (89/552/EWG) erstellte Listen, welche Ereignisse erhebliche Bedeutung für ihre jeweilige Gesellschaft haben, mit Unionsrecht vereinbar sind. Diese Listen umfassten insbesondere im Fall Belgiens alle Spiele der Weltmeisterschaftsendrunde und im Fall des Vereinigten Königreichs alle Spiele der Weltmeisterschaftsendrunde und der Endrunde der Europameisterschaft.

Die betreffenden Entscheidungen der Kommission wurden von der FIFA und der UEFA vor dem Gericht der Europäischen Union mit der Begründung angefochten, dass nicht alle diese Spiele Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die jeweilige Gesellschaft dieser Staaten sein könnten. Das Gericht führte jedoch aus, die Erwähnung der Weltmeisterschaft und der Europameisterschaft im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 bedeute, dass ein Mitgliedsstaat, wenn er Spiele dieser Wettbewerbe in die Liste seiner Wahl aufnimmt, in seiner Mitteilung an die Kommission keine besondere Begründung zu ihrer Eigenschaft als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung geben muss.

Diskutiert wurde jedoch, ob eventuell „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft und der EM nicht von einer solchen Bedeutung für die Gesellschaft dieses Staates sind. Nachdem die Klägerinnen hierfür Belege vorgelegt hatten, stellt das Gericht jedoch fest, dass die Zuschauerzahlen der letzten Weltmeisterschaften und Europameisterschaften für diese Spielkategorie zeigen, dass die betreffenden Spiele eine hohe Zahl von Fernsehzuschauern anzogen – darunter viele, die sich normalerweise nicht für Fußball interessieren.

Auch mehrere Herangehensweisen an die Aufnahme der Weltmeisterschaftsspiele und der Spiele der EM in eine nationale Liste seien gleichermaßen mit der Richtlinie vereinbar, da manche Mitgliedsstaaten nur die „Topspiele“ und – bei der EM – die Spiele mit Beteiligung der betreffenden Nationalmannschaft(en) als von erheblicher Bedeutung für ihre Gesellschaft betrachten, während nach der begründeten Ansicht anderer auch die „Normalspiele“ auf der nationalen Liste verzeichnet sein müssen. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden. (nij)