Bürgerforum fordert mehr Sicherheit bei Nanotechnik

Die vom Bundesinstitut für Risikobewertung initiierte "Verbraucherkonferenz: Nanotechnologie" hat heute in Berlin ihr Votum an Politiker und Verbraucherschützer übergeben.

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Von
  • Niels Boeing

Seit Längerem wird in der Fachwelt über die potenziellen Risiken der Nanotechnik diskutiert. Auf keiner Konferenz fehlt der Hinweis, man müsse vermeiden, die gleichen Fehler wie bei der Gentechnik zu machen – ein Dialog mit den Verbrauchern sei nötig. Die haben sich nun erstmals in Deutschland zu Wort gemeldet: Eine vom Bundesinstitut für Risikobewertung initiierte "Verbraucherkonferenz: Nanotechnologie" hat heute in Berlin im Bundespresseamt ihr Votum an Politiker und Verbraucherschützer übergeben.

Die 16 Konferenzteilnehmer, die aus 6000 Bürgern ausgewählt worden waren, fordern eine eindeutige und verständliche Kennzeichnung von Nanotechnologien in Konsumgütern sowie eine umgehende Festlegung von Standards für das neue Technikgebiet. In einem mehrwöchigen Verfahren hatten die Teilnehmer Experten zu Anwendungen und Risiken der Nanotechnik vor allem in Lebensmitteln, Kosmetika und Textilien angehört.

Als bedenklich schätzen die Verbraucher ein, dass in der gesamten Nanotechnik kaum Messverfahren existierten. Um eine genaue Kontrolle der in Produkten verwendeten Nanopartikel durchführen zu können, fordern sie neue Analyse- und Messverfahren, die von unabhängigen Einrichtungen standardisiert werden sollten. Bei der Risikobewertung müsse die Herstellung, Verwendung und Entsorgung eines Produktes betrachtet werden, lautet das Votum. Zudem müsse der Anteil öffentlicher Gelder zur Risikoforschung deutlich erhöht werden.

Einen besonders verantwortungsvollen Umgang mit Nanotechnologie verlangen die Verbraucher bei nanotechnisch veränderten Lebensmitteln. Obwohl in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit durchaus Chancen gesehen werden, schätzen sie diesen Bereich als besonders sensibel ein. Neben einer Kennzeichnungspflicht und der Einführung von Zulassungsverfahren fordern die Verbraucher hier, dass die Nanotechnikforschung sich auf "wirklich wichtige Themen" wie Qualitätssicherung und Verbesserung der Haltbarkeit konzentriere. Bemängelt wurde, dass sich kein Vertreter der Lebensmittelindustrie den Fragen der Verbraucher gestellt habe.

Eine verständliche Kennzeichnung fordert das Votum auch für den Einsatz von Nanotechnologie in Kosmetika und Textilien. Es empfiehlt außerdem, aus ökologischen Gründen die Einführung neuer nanostrukturierter Inhaltsstoffe weitgehend zu reduzieren und deren Eintrag in die Natur zu vermeiden.

Anfang des Jahres waren Nanoprodukte erstmals aufgrund unklarer Inhaltsstoffe in die Schlagzeilen geraten. In einem Fall enthielt ein Gesundheitspräparat nicht die vom Hersteller Neosino angegebenen Nanopartikel. In einem anderen musste das Versiegelungsspray "Magic Nano" zurückgerufen werden, weil es bei Verbrauchern zu gesundheitlichen Schäden gekommen war. Eine Untersuchung des Bundesamts für Risikobewertung stellte allerdings fest, dass auch hier keine Nanopartikel enthalten waren, wie die das Produkt vertreibende Kleinmann GmbH behauptet hatte. Die Schädigungen waren auf Aerosole im Spray zurückzuführen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte das weltweit erste Verbraucherforum, das sich mit der Nanotechnik auseinandersetzte, in Großbritannnien Empfehlungen ausgesprochen. Die "Nanojury" riet in ihrem Votum im September 2005 der britischen Politik unter anderem, mehr öffentliche Forschungsgelder in medizinische und Umweltaspekte der Nanotechnik zu investieren. In der Schweiz veranstaltet das Schweizer Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS derzeit eine Reihe von so genannten Publifocus-Diskussionsrunden mit Bürgern. Die Ergebnisse sollen noch vor Ablauf des Jahres vorgestellt werden.

Das Modellprojekt "Verbraucherkonferenz: Nanotechnologie" wurde vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) im Auftrag des Bundesinstitutes für Risiko-bewertung (BfR) durchgeführt.

(nbo)