What the Hack: Wie sub ist eine Subkultur?

Das Hacker-Outdoor-Camp überraschte mit einer Diskussionsrunde über "Hacking Ideologies", die Hacker von einer anderen Seite zeigten.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Wochenende bescherte dem Outdoor-Camp What the Hack mehrere Höhepunkte, sowohl bei den Wolkenbrüchen als auch bei den Referaten und Diskussionen.

Der typische Hacker lässt sich so beschreiben: Er kommt aus seinem Zelt, knallt 6 Literdosen Bier auf den Tisch, die er aus seiner Schlabberkleidung fummelt, zündet sich in der Nichtraucherzone seine Zigarette an, öffnet Bier und Laptop, wischt das Regenwasser mit Schwung vom Tisch. Dass dabei der Laptop des Nachbars nass wird, kümmert ihn nicht. Darauf angesprochen, lässt er ein paar Sätze über den Abschaum namens Presse vom Stapel, weil das himmelblaue Armband der Pressevertreter immer gut für Sottisen ist.

Ist das der typische Hacker? What the Hack überraschte am Sonntag mit einer Diskussionsrunde über "Hacking Ideologies", die Hacker von einer anderen Seite zeigten. Ausgangspunkt war die Eröffnung des Spektakels durch Rop Gonggrijp und Emanuel Goldstein, in der so häufig von Demokratie und freier Rede gesprochen wurde, dass Hacker durchaus als normale Bürgerrechtler aufgefasst werden konnten oder gar, nach dem Vorbild des Hacker Manifesto, als neue revolutionäre Klasse.

Dagegen gab es Einspruch: "Demokratie und Redefreiheit sind bürgerliche Begriffe. Wenn wir sie benutzen, bleiben wir in den Grenzen des bürgerlichen Systems. Ron und Emanuel haben die totalitäre Sprache des Feindes benutzt. Als Gegenkultur müssen wir uns aus diesen Zwängen befreien." Aus dieser Worten des Indymedia-Chefdenkers Toni Prug entwickelte sich eine interessante Diskussion, die jedoch nach einer Stunde zu Gunsten eines Vortrags über ein neues Routing-Protokoll abgebrochen werden musste. Außerhalb der gesetzten Grenzen frei zu diskutieren, bedeute auch die Frage zu erörtern, ob Attacken gegen Überwachungscomputer und Überwachungskameras nicht Teil des Hackens seien, meinte ein Teilnehmer. Dagegen verortete sich ein Sprecher der Slackers mehr in der Tradition der Hippies und der holländischen Provos früherer Jahre denn im Geiste politisch korrekten Hackertums: "Wir machen unser eigenes Ding".

Emanuel Goldstein verteidigte beharrlich seine Ansichten über den Vorrang von Free Speech, während CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn brückenbauend eine funktionalistische Sichtweise vorschlug: Begriffe wie Demokratie und Redefreiheit gehörten zur diplomatischen Sprache, die benutzt werden muss, um von den anderen gehört zu werden. Wenn man sich von den bürgerlichen Grenzen frei mache, dann müsse das auch für die ökonomischen Grenzen gelten, merkte ein aus Osteuropa angereister Teilnehmer an, der sich zu Unrecht um 150 Euro für die Teilnahme an einem Wasserspaß befreit fühlte.

Es entbehrt nicht der Ironie, dass vor der Diskussionsrunde Jörg Platzer seinen schon vom letzten Chaos Computer Congress bekannten Vortrag zur intellektuellen Selbstverteidigung hielt. Sein Fazit: PR-Strategien, Medien und Politik leben seit 80 Jahren in einer innigen Symbiose, die es fast unmöglich macht, sich außerhalb der offiziellen Medien unabhängige Informationen zu verschaffen. Nur mit äußerster, täglich nicht nachlassender Anstrengung kann man sich andere Informationen erschließen: Die Sprache ist nicht die einzige Grenze des Systems.

Zum friedlichen Schluss des Hacker-Camps hatten sich die Gemüter wieder beruhigt. Vereint feierte man die Leistung, ein solches Ereignis mit annähernd 3000 Teilnehmern durchgeführt zu haben, ohne vollkommen im Matsch zu versinken. In vier Jahren will man sich wieder sehen, dann möglicherweise auf deutschem Boden.

Zur Konferenz What the Hack siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)