GDC: Killerspiele helfen Soldaten gegen Albträume

Blutrünstige Killerspiele machen Spielern keine Angst, sondern helfen ihnen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten, wie Wissenschaftler der kanadischen Grant MacEwan University herausfanden.

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Süße Träume: Für die Psychologin Jayne Gackenbach können Killerspiele Soldaten vor psychologischen Langzeitfolgen von Kriegseinsätzen bewahren.

Während hierzulande Pädagogen immer wieder vor den Gefahren sogenannter Killerspiele warnen, könnten nach dem Willen der Psychologin Jayne Gackenbach von der Grant MacEwan Universität in Alberta, Kanada, solche Spiele bald auf Krankenschein verordnet werden. Gackenbach legte in ihrem Vortrag auf der Game Developers Conference in San Francisco dar, dass Soldaten, die häufig spielen und ein besonderes Faible für Ego-Shooter haben, deutlich weniger an Posttraumatischen Belastungsstörungen leiden als Einsatzkräfte, die nur gelegentlich spielen und dabei friedvolle Genres bevorzugen.

In einer Studie befragten Gackenbach und ihre Kollegen 377 US-Soldaten nach ihren Spielgewohnheiten und ihren Träumen, die entweder von militärischen Themen oder Kampfeinsätzen handelten. Dabei teilte Gackenbach die Spieler in zwei Gruppen auf: Solche die viel spielen und vor allem Ego-Shooter, Rollenspiele und komplexe Strategiespiele bevorzugen, und solche, die wenig spielen und sich lieber mit einfachen Puzzle- und Geschicklichkeitsspielen beschäftigen.

Der Befragung zufolge lenken sich viele Soldaten zwischen ihren Kampfeinsätzen mit Videospielen auf mobilen Geräten wie der PSP ab. Und obwohl sie in der Realität genug Gewalt mitbekommen, bevorzugen sie auch im Spiel gewalttätige Inhalte. Offenbar dienen ihnen diese zur Verarbeitung der realen Einsätze. Denn laut Gackenbach leiden Vielspieler unter den Soldaten wesentlich weniger unter Albträumen und Posttraumatischen Belastungsstörungen als ihre nur gelegentlich spielenden Kameraden. Während Gelegenheitsspieler Kampfeinsätze in ihren Träumen häufig als passive Beobachter durchleben oder ihren Feinden machtlos ausgeliefert sind, ergreifen Vielspieler in ihren Träumen in Kampfhandlungen eine aktive Rolle und wehren sich erfolgreich gegen ihre Feinde. So erleben Vielspieler solche Träume gar nicht erst als Albträume. Ebenso realisieren während des Traums, dass sie träumen und können in brenzligen Situationen häufiger bewusst aufwachen.

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Jayne Gackenbach analysiert verschiedene Traumsequenzen von Soldaten die viele Videospiele spielen (High End) und von Gelegenheitsspielern (Low End). (2:27 min)

Ferner berichtete keiner ihrer Probanden, dass er nach dem Konsum eines Videospiels davon schlecht geträumt hätte. Im Unterschied dazu würden gewalttätige Fernsehsendungen und Filme des Öfteren Albträume auslösen. Laut den Aussagen von Offizieren lernten ihre Untergebenen von First-Person-Shootern keinesfalls, besser zu schießen. Wohl aber verbessere sich ihre Wahrnehmung, sie lernten im Spiel, Gefahrensituationen schneller zu erkennen und beispielsweise Scharfschützen zu orten.

Nach den Ergebnissen könnten Militärs künftig gezielt Videospielkonsolen mit Ego-Shootern zur Vorbeugung Posttraumatischer Belastungsstörungen einsetzen. Allerdings sind Albträume auch ein Indikator für (zu) hohe emotionale Belastungen. Der Träumer durchlebt in ihnen immer wieder aufwühlende, affektbeladene Situationen und versucht sie zu verarbeiten. Gewalttätige Videospiele würden demnach diese psychologische Alarmfunktion dimmen. Harmloser werden die realen Kampfeinsätze dadurch jedoch nicht. (hag)