GDC: Angry Birds und der Siegeszug der App-Spiele

Sie kosten nur wenige Cent, bekommen regelmäßig kostenlosen Nachschub und bescheren dem finnischen Entwickler Rovio trotzdem Millionen-Gewinne. Auf der GDC verrieten die Macher ihr Erfolgsgeheimnis und warum Smartphone-Spiele derzeit boomen.

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Seit Dezember 2009 segeln die Angry Birds nun über die Bildschirme der Smartphones und bescherten dem finnischen Entwicklungsstudio Rovio mit über 50 Millionen Downloads Millionengewinne. Das Spiel gilt als Vorreiter einer ganzen Welle erfolgreicher App-Spiele. Auf der Game Developers Conference (GDC) verriet Rovios Oberadler Peter Vesterbacka das Erfolgsgeheimnis.

Peter Vesterbacka von Rovio sticht mit seinem roten Pulli gerne aus der Masse heraus. "Wir brauchen keine 27 mittelmäßigen Spiele, sondern eines das wirklich Spaß macht."

Anfangs sah es gar nicht nach einer Erfolgsgeschichte aus. Handy-Hersteller Nokia, mit dem Rovio zuvor zusammengearbeitet hatte, war nicht interessiert. Also veröffentlichte man das Spiel im App Store für das iPhone, wo es zunächst nur wenig Beachtung fand. Erst durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und die regelmäßige Versorgung mit kostenlosen Zusatz-Levels stieg das Interesse der Spieler und die Angry Birds nisteten sich an der Spitze der Verkaufscharts ein. Rovio sieht Angry Birds nicht als ein abgeschlossenes Produkt, sondern als kontinuierlich wachsende Dienstleistung, die regelmäßig mit neuen Updates und Levels versorgt wird. Mittlerweile gibt es 240 Level.

Zudem wurde das Spiel auf zahlreiche andere Plattformen portiert. Besonders einfach war die Umsetzung auf das Palm Pre, die laut Vesterbacka nur zwei Stunden dauerte. Für Android entschied man sich für eine kostenlose, werbefinanzierte Version. "Man kann derzeit im Marketplace von Android keine Spiele im großen Stil verkaufen. Hätten wir Angry Birds verkauft, hätten wir vielleicht 200.000 bis 300.000 Downloads erreicht. Die kostenlose, per In-App-Werbung finanzierte Version zählt inzwischen 20 Millionen Downloads", erklärte Vesterbacka. Es folgten weitere Portierungen für Spielkonsolen. "Normalerweise geht es umgekehrt: Die Konsolenspiele kommen abgespeckt auf die Smartphones, was meist nicht gut funktioniert. Wir haben erstmals den Spieß umgedreht und kommen vom Smartphone auf die Konsolen", zog Rovios Chef Bilanz.

Auch bei den In-App-Angeboten zielt er auf den Massenmarkt. Ein "Mighty Eagle", der steckengebliebenen Spielern hilft, indem er ganze Gebäude sprengt, wurde mittlerweile von 40 Prozent aller Angry-Birds-Spieler für 79 Cent erworben. Er soll genauso mit weiteren Updates versorgt werden wie die Ableger "Angry Birds Seasons". Am 22. März kommt der dritte Teil Angry Birds Rio in den App Store und bereitet den Start des Films "Rio" vor, den 20 Century Fox mit dem Animationsstudio Blue Sky Studios (Ice-Age-Trilogie) entwickelte. Fox war es auch, das den Werbeclip für die Ausstrahlung während des Super Bowls in den USA finanzierte. "Wir haben bislang kein Geld für Werbung ausgegeben", sagte Vesterbacka und ergänzte: "Wir benötigen auch keinen Publisher mehr, um das Marketing kümmern wir und selbst. Nur so behalten wir die Kontrolle." So trennte sich Rovio von seinem ehemaligen Vertrieb Chillingo, und veröffentlicht die neuen Versionen nun unter eigenem Namen.

Zu den Strategien gehören auch Plüschtiere, Handy-Hüllen und Sparschweine, die Rovio in sein Portfolie aufgenommen hat. Das Smartphone-Spiel dienst also nur als Grundlage, auf der verschiedene andere kommerzielle Ideen zu einem Multi-Millionen-Dollar-Franchise anwachsen. Sie lösen das alte Modell der teueren Retail-Spiele ab, indem sie den günstigen Verkaufspreis durch Masse kompensieren und so ein viel größeres Publikum erreichen. Doch die Angry Birds werden nicht alleine bleiben. Andere Nachahmer mit neuen Ideen werden kommen, ist sich Versterbacka sicher: "Smartphones bilden derzeit das Gravitationszentrum der gesamten Spieleindustrie. Hier passieren die meisten Innovationen." (hag)